„Ich lade gern mir Gäste ein“

von Redaktion

Statt eines Opernabends gibt es diesmal eine Operetten-Gala auf Schloss Amerang

Amerang – Immer gern lädt Ortholf von Crailsheim sich für seine Opernfestspiele auf Schloss Amerang die Sänger aus „Oper im Berg“ mit dem Intendanten Ingo Kolonerics ein. Diesmal wurde „Ich lade gern mir Gäste ein“ auch gesungen – die Opernsänger Operetten-Arien, vornehmlich von Johann Strauß und Franz Lehár. Ein Experiment, wenn nicht sogar Wagnis: Nicht alle Opernsänger können per se schon Operette. Dazu gehören Mimik, tanzfreudige Bewegungen, geschmeidige Stimmführung, Charme und schmunzelnde Publikumsbetörung.

Das Opern-Miniorchester unter der Leitung von Marco Moresco tat sich diesmal schwerer, vor allem mit der Walzer-Rhythmik. Die Pauke war oft zu dominant, statt eines Kontrabasses spielte eine Basstuba, was den Ton dicker machte. Aber die Geigen schwelgten und die Holzbläser sangen präzise, sodass die Ouvertüren zum „Zigeunerbaron“ und Wiener Blut“ sowie der Donau-Walzer hinlänglich gefielen. Die Miyazaki-Sisters brachten mit der energisch gespielten hochvirtuosen „Passacaglia“ von Johan Halvorsen das Publikum zum Jubeln.

Komödiantisch mit einem Bierkrug in der Hand trug der schwarzbassige Vedat Dalgiran sein Trinklied „Als Büblein klein“ vor, „Dein ist mein ganzes Herz“ schmetterte Eray Tozan und noch lauter schmetterte temperamentsprall und mit gleißenden Spitzentönen Marco Antonio Lozano südamerikanische Weisen. Maria Crista Stevens erklärte auf Englisch, was es mit ihrem Lied „Sorry her lot“ aus „M.S. Pinaforte“ von Arthur Sullivan auf sich hat: nicht standesgemäße Liebe.

Als Prinz Orlowsky verkündete Sera Telli volltönend: „Ich lade gern mir Gäste ein“ – ein Frack oder eine Uniform hätte ihre Performance noch gesteigert. „Meine Lippen, die küssen so heiß“ versprach Francesca Mercuriali lockend und tanzend. Schelmisch-kokett und mit sauber gestanzten jauchzenden Koloraturen sang Yekang Choi „Mein Herr Marquis“ und später mit schönen Legato-Bögen eine Arie aus Puccinis „La Rondine“ (die damals vom Verleger als „schlechter Lehár“ bezeichnet wurde…). Als überragend erwies sich wieder die ukrainische Sopranistin Oleksandra Dvoriatkina: Mit Herzblut und wehmütiger Melancholie sang sie das „Vilja“-Lied“ aus „Die lustige Witwe“, jeder Ton wohlgeformt und mit Lebenswärme erfüllt, mühelos aufstrahlend die Höhe. Heiterer und leicht tanzbewegt war sie dann im Duett „Lippen schweigen“ mit Isik Belen. Der dirigierte lustigerweise mit einem Becken am Schluss das eifrig mitklatschende Publikum zum Radetzkymarsch. Das Experiment „Operette“ ist einigermaßen geglückt – jetzt fehlt nur noch eine ganze Operette, vielleicht eine von Franz Lehár, die ja die ganz großen Opernstimmen braucht.

RAINER W. JANKA

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