Schwalbengezwitscher verjagt Trauergeister

von Redaktion

Die Herrenchiemsee-Festspiele beginnen auf Frauenchiemsee mit Bachkantaten

Frauenchiemsee – Die Herrenchiemsee-Festspiele beginnen heuer mit Bach und enden mit Bach: Der Beginn, wie üblich im Münster des Klosters Frauenchiemsee, stand unter dem Motto „Jesu, meine Freude“. Musiziert wurden die gleichnamige Bach-Motette sowie die Bachkantaten „Nimm von uns, Herr, du treuer Gott“ BWV 101 und „Herz und Mund und Tat und Leben“ BWV 147.

So kraftstrotzend-glaubenssicher und immerfort freudig jubelnd hat man Bach selten gehört und so mancher feinsinnige Bachfreund konnte da zusammenzucken: Die Gabrieli Singers unter Paul McCreesh boten einen eher irdischen, freudetrunkenen Bach – getreu dem Konzert-Motto. Sie hatten allerdings starke Konkurrenz: Ein Schwalbenpaar jagte vergnügt durch die Kirche und zwitscherte lautstark zum Menschengesang dazu, dieses Schwalbengezwitscher verjagte restlos die in der Motette besungenen Trauergeister.

Der zehnköpfige Chor trat von den Seiten auf und ab wie im Theater, die Solisten kamen aus dem Chor selber: Anna Dennis mit einem Sopran, dessen Lautstärke vom zarten Piano bis zum trompetenartigen Forte reichte, Hugh Cutting als kraftvoller Altus mit völlig natürlichem Timbre, der hellstimmige Tenor Nick Pritchard mit erregt flammenden Koloraturen und schnellem Vibrato und Ashley Riches mit theatrakisch-sattem, aber sehr beweglichem Bass. Alle artikulierten sorgfältig und konsonantenreich und benutzten so die Sprache als musikalisches Ausdrucksmittel.

Der zehnköpfige Chor führte die Stimmen instrumental und präsentierte sich vor allem in der Motette glänzend. Die besungene Freude strahlte aus ihrem Gesang, sie ließen es dem Text entsprechend krachen und blitzen und toben, wurden jedoch in der Schlusszeile innig leise.

Das Orchester der Klangverwaltung ließ sich von Paul McCreesh, der mit sehr energischen, aber auch geschmeidigen Gesten dirigierte, zu opulentem Vollklang hinreißen. Die vorzüglichen Solo-Instrumentalisten vermischten sich aufs Schönste mit den Gesangssolisten, so die Flöte samt Oboen da caccia mit Sopran und Altus in der Nr. 6 der Kantate BWV 101 und die Oboe d‘amore mit dem Altus in der Nr. 3 der Kantate BWV 147. Starker Beifall galt einem gesangsstarken Bach-Konzert. Rainer W. Janka

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