„Blues For Urschalling“ in der Kirche

von Redaktion

Virtuose Gitarrenmusik mit dem Jazz-Gitarristen Joscho Stephan – Von Django Reinhardt inspiriert

Prien/Urschalling – Eigentlich hätte der Gitarrist Joscho Stephan nicht in der St.-Jakobus-Kirche in Urschalling spielen dürfen, denn er hatte offensichtlich einen Pakt mit dem Teufel geschlossen, weil er bei diesem Solokonzert im Rahmen des Labels „Jazz Collection“ mit einer schier unglaublichen Virtuosität und Technik auf der akustischen Gitarre agierte. Stephan hat schon als Jugendlicher viele Preise gewonnen, gehört weltweit zu den führenden Gitarristen und ist in vielen Genres wie Klassik, Blues, Rock und Jazz zu Hause. Vor allem aber ist es die swingende Gypsy-Musik in der Nachfolge Django Reinhardts, die er mit vielen einfallsreichen melodischen und rhythmischen Accessoires anreichert und mit modernen Stilelementen weiterentwickelt hat.

Nach den einführenden Worten der Veranstalterin Barbara Freyberger begann er demnach auch sein Konzert mit „Minor Blues“, einer von Reinhardts bekanntesten Kompositionen. Filigrane Läufe wechselten mit akzentuiert angeschlagenen Akkorden und unorthodoxen Melodie-Sequenzen. In der Coda kam als augenzwinkerndes Zitat sogar noch der „Pink Panther“ geschlichen.

Dem swingenden Stück ließ Stephan gleich einen weiteren Hit Django Reinhardts folgen, den dieser 1940 zusammen mit dem Geiger Stéphane Grappelli im damals angesagten Pariser Hot Club de France zum Jazz-Standard gemacht hatte: die melancholische und harmonisch raffinierte Ballade „Nuages“. Pizzicato und Flageolett in allen Tonlagen, gewürzt mit einer Brise Impressionismus waren nur einige der Stilmittel, mit denen Reinhardt dieses Stück variierte. Die dritte Komposition aus der Feder des großen Django Reinhardt war „Djangos Waltz“ in der Tradition der französischen Musette-Walzer. Das virtuose Stück in E-Moll, wie Stephan in seiner kurzweiligen und informativen Moderation erklärte, war erst nach Reinhardts Tod öffentlich gespielt worden.

Die musikalische Bandbreite und große Palette seiner musikalischen Ausdrucksmöglichkeiten konnte Joscho Stephan in der kurzen Stunde nur andeuten. So erklang beispielsweise Steve Wonders „Isn’t She Lovely“, wobei Stephan abwechselnd mit perkussivem Klopfen, vorantreibenden Bassläufen und einer wirkungsvollen Slap-Technik eine ganze Band ersetzte.

Zu den schönsten Nummern zählte wohl „Black Orpheus“, eine Bossa Nova aus dem gleichnamigen Kultfilm von 1959, in dem der griechische Mythos im Karneval von Rio de Janeiro mit neuer Bedeutung auflebte. Stephan zog hier noch einmal alle Register seiner grandiosen Technik und ließ die ganz in melancholisches Moll getauchte Komposition von Luiz Bonfá in ein versöhnliches Dur münden, bevor er mit einem eigens für den Aufführungsort improvisierten „Blues For Urschalling“ die offizielle Schlussnummer intonierte.

Selbstredend, dass das begeisterte Publikum, das teils von weit her angereist war, noch eine Zugabe wünschte. Stephan wählte dazu „Georgia On My Mind“, eine durch Ray Charles bekannt gewordene und auch von Reinhardt gern gespielte meditative Nummer, die sich nahtlos in die mystische Atmosphäre einfügte, die die mittelalterlichen Fresken der Kirche verbreiteten. Richard Prechtl

Artikel 8 von 11