Ostermünchen – Grundwort Munichen oder Mantahinga?

von Redaktion

Landkreis Rosenheim/Bayern? – Über die „echten“ und „unechten“ ing-Orte wurde hier in dieser Serie bereits von Fall zu Fall berichtet: Bad Aibling, im Jahre 804 als Epiningas, Epininga und Eibilingas überliefert, hat sein Zugehörigkeitssuffix -ing von Anfang an bis zum heutigen Tag bewahrt. Die Nachsilbe -ing bewirkt hier Aibling als „Ort bei den Leuten des Epino/Eibilo“.

Bei Forsting in der Gemeinde Bad Feilnbach liegt der Fall trotz der Nachsilbe -ing anders: Dieser Name erscheint 1419 als „Forstorn“ und ändert sich erst später zum heutigen „Forsting“. Der Name bedeutet somit – im Sinne der ursprünglichen und im Dativ Plural stehenden Nachsilbe -aren, -orn – „Ort bei den Forstarbeitern“. Somit gilt der Name „Forsting“ als unechter -ing-Ort: Sein -ing ist lediglich ein verschliffenes -aren.

Aber kann ein derartiger Wechsel auch bei „gestandenen“ Grundwörtern wie „München“ – im Falle von Ostermünchen – und „Rain“ – im Falle von Harrain bei Ostermünchen – eingetreten sein?

Dem Kloster Tegernsee, das Mitte des 8. Jahrhunderts gegründet wurde, verdanken wir – unter anderem – die frühe Erwähnung der Ortsnamen Ostermünchen und Harrain. Ostermünchen ist 1020/35 in einer Kopie des 12. Jahrhunderts als „Munihha“ belegt. In der Zeit zwischen 1127 und 1147 lebt dort Dietrich „de Munichen“. Einige Zeit später, zwischen 1206 und 1217, ist ein Albertus de Osternmu/o/nichen belegt. Die Himmelsrichtung „ostern“ = östlich erscheint hier zum ersten Mal. Um Ostermünchen von der 1158 erstmalig erwähnten späteren Landeshauptstadt München zu unterscheiden, das als „apud Munichen = bei den Mönchen belegt ist? Fest steht: Ostermünchen ebenso wie München waren Siedlungen, die zwar keine Klöster, aber Grundbesitz von Mönchsklöstern aufwiesen. Oder sollte man das Grundwort -münchen auch auf andere Art und Weise erklären (können)?

Hier genügt beispielsweise ein Blick auf den Namen der Stadt Schwabmünchen. Auf der schwäbischen Seite des nahen Flusses Lech gelegen, scheidet hier ein Bezug zu Mönchen im Namen aus. Zugrunde liegt vielmehr der zwischen 982 und 993 belegte Name „Mantahinga“. Ein -ing-Ort mit der Bedeutung „Ort bei den Leuten des Mandicho“ Also: Kein „echter“ München-Name. Kein Thema also für Ostermünchen? Für München? In der Fachwelt wurde hier die Mönchs-Herkunft im Namen gelegentlich angezweifelt. Im Jahre 1964 noch in einer bayernweiten Ortsbeschreibung als Einöde aufgelistet, heutzutage getilgt, zeigt Harrain nahe bei Ostermünchen eine Namensgeschichte, die am heutigen Grundwort „Rain“ (= Ackergrenze, begrenzende Bodenerhöhung) zweifeln lässt. Denn man findet in den Traditionen des Klosters Tegernsee gleich zwei Namen für Harrain vor. „Haurachen“ (Nr. 237) und „Hauchrain“ (Nr. 241). Und beide Namen zu ein und derselben Zeit: 1127 bis 1147. Der Name schwankte damals wohl zwischen der „hohen Ackerbegrenzung“ (Hauchrain) und einer „Ache“ (= Bach).

Harrain mag ein Einzelfall für eine ambivalente Namensherkunft sein. Oder kommen ähnliche Problematiken zwischen Rain und Ache auch andernorts vor? Armin Höfer

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