Sinneberauschendes Klangfeuerwerk

von Redaktion

Mahler und Rachmaninow beim Großen Orchesterkonzert des Immling-Festivals vereint

Halfing – Da prallten Naturgewalten aufeinander beim Großen Orchesterkonzert des Immling-Festivals: die „natürliche“ Wucht um das Festspielhaus – ein Blumenmeer, das satte Grün der Bäume und von oben goss es wie aus Kübeln: Ein äußerer Umstand mit entsprechender Geräuschkulisse, der zur Wirkung hatte, dass die festlich gekleideten Konzertbesucher zusammenrückten. Beim Betreten des Festspielhauses herrschte behagliche Stille.

Musikalische Naturgewalt

Die Ruhe vor dem nächsten Sturm, diesmal dem menschgemachten Klangfarbengewitter aus großartiger Musik. Rund 100 Orchestermusiker füllten die Bühne: Ein Tête-à-Tête mit Sergei Rachmaninow und Gustav Mahler stellte auf anderer Sinnesebene eine Naturgewalt dar. Die Zusammenführung der beiden Komponisten in einem Konzertabend stellte sich als Glücksfall heraus: Die Aufführung – Rachmaninows 2. Klavierkonzert sowie seine symphonische Dichtung „Die Toteninsel“ und Mahlers 1. Sinfonie – huldigte und einte die beiden großen Komponisten. Die musikalische Leiterin Cornelia von Kerssenbrock wirkte in ihrem Dirigat als empathische Vermittlerin zwischen den Welten, ließ das Festivalorchester beiden gerecht werden und die Zuhörer in aktivem Schweigen, konzentrativem Musikgenusses versinken. Was nicht jeder wusste, aber am Ende eines umwerfenden Konzertabends zu spüren bekam: Obwohl Mahler und Rachmaninow zu keiner Zeit eine direkte Beziehung zueinander hatten, sind ihre Werke auf subtile Weise miteinander verknüpft. Beide waren Meister der spätromantischen Musik, die auf unterschiedliche Weise den Umbruch und die Spannungen ihrer Zeit musikalisch reflektierten.

Der erste Konzertteil galt Rachmaninow: Dass seine 1909 entstandene symphonische Dichtung „Die Toteninsel“ von Arnold Böcklins gleichnamigen Gemälde inspiriert war, hört man deutlich aus dem 20-minütigen Werk heraus. Wie Ruderschläge kommt die langsame Lento-Einleitung im ungewöhnlichen Fünf-AchtelTakt daher. Die schroffe, felsige Insel mit Trauerzypressen und Grabkammern, im Hintergrund ein düsterer Wolkenhimmel, erhielt ein perfektes lautmalerisches Pendant, in das die Zuhörer, ob sie wollten oder nicht, bald hineingezogen waren.

Mit dem italienischen Pianisten Luigi Borzillo betrat eine weitere Naturgewalt die Bühne: Seine Interpretation von Rachmaninows 2. Klavierkonzert, op. 18 in c-Moll und das harmonische Zusammenspiel mit dem Festivalorchester wirkte wie ein die Sinne berauschendes Klangfeuerwerk. Die üppigen, emotional aufgeladenen Melodien und eine tiefgründige Harmonik sind stark von der russischen Romantik beeinflusst. Der erste Satz beginnt mit markanten, schwer klingenden Klavierakkorden, die sich langsam aufbauen und in ein weites, sehnsüchtiges Thema übergehen. Der zweite Satz, ein lyrisches Adagio sostenuto, offenbart die melancholische Seite des Komponisten, während der dritte Satz mit energiegeladenem, triumphalem Charakter das Werk in einem glanzvollen Finale beendet.

Der musikalischen Höhepunkte nicht genug, führte nach der Pause Mahlers 1. Sinfonie in andere fantastische Hörabenteuer. Der viersätzige „Titan“ gilt als Meilenstein der romantischen Orchestermusik und markiert den Beginn von Mahlers symphonischem Schaffen. Die musikalische Verbindung von Naturstimmungen, volkstümlicher Musik und tiefgründigen emotionalen und schicksalshaften Themen spricht den Zuhörer direkt an. Wie in Immling zu erleben war, bringt Mahler mit seiner Musik ein Kopfkino in Gang – ein bildgewaltiges und emotionsreiches Hörerlebnis, das, passend zum Ort, einem Musiktheater gleichkommt. Und wieder sorgte diese spürbar aufgeladene Stimmung für ein so bewegendes Musikerlebnis, als hätte der Wettergott die Stimmung persönlich mitgestaltet: Im dritten Satz erklang unverkennbar das Kinderlied „Bruder Jakob“ – von Mahler als Trauermarsch gestaltet, in eine Moll-Tonart versetzt. Ein makaber „Gesang“, der unerwartet von Klezmer-Musik durchzogen, Stimmungsschwankungen wie Wetterkapriolen auslöst.

Ein Ende in strahlendem D-Dur

Die Sinfonie endet in einem strahlenden D-Dur, als symbolischer Sieg über die inneren Kämpfe. Gigantisch: Von Kerssenbrock und das Orchester, so schien es, hatten Mahler selbst herbemüht. Und er war, wie man zu spüren glaubte, wirklich da. Foto benekam

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