„Ja ja, wegn meiner, geh nur eina …“

von Redaktion

Der Kiem Pauli zeichnet in den 1920er-Jahren Lieder in „Au bei Aibling“ auf

Es war im November und Anfang Dezember 1928: Auf seiner fünften Sammelfahrt von seiner Wohnung in Bad Kreuth aus kehrt der Kiem Pauli nach Aufenthalten im Isarwinkel, im Miesbacher Oberland und der Holzkirchner Gegend, im Chiemgau, in Unterwössen und Reit im Winkl auch im Mangfalltal und Inntal ein. Er besucht sangeskundige Frauen und Männer in Vagen, Großhöhenrain, Unterdarching, Bad Aibling, Brannenburg, Nieder- und Oberaudorf, Miesbach und Weyarn. Am 16. November ist er beim „Schlemmer Vater in Eckertsberg bei Kematen“ – und am 3. bis 5. Dezember direkt in „Au bei Aibling“ – wie er schreibt.

Immer wieder erwähnt der Kiem Pauli (1882 bis 1960) in seiner umfangreichen gedruckten „Sammlung Oberbayrischer Volkslieder“, herausgegeben 1934 in München beim Calwey-Verlag, seine Gewährspersonen in Au, von denen er mehr Lieder aufgeschrieben hatte, als er dann im Buch veröffentlichte. So finden sich dort drei Einträge von Liedaufzeichnungen nach dem Gesang vom „Schlemmer Vada, Eckersberg bei Kematen, 16.11.28“: Ein Schnaderhüpfl, das Kiem als „Nachgsangl“ bezeichnet, hat eine interessante Melodie und folgenden Text über das Verhältnis von Dirndl und Buam:

„Z‘Alm bei da Nacht, da is leicht a Bua guat, wann er glei beim Tag Topfa und Schmalz bettln tuat.“

Am gleichen Tag zeichnet der Kiem Pauli, er ist Mitte 40 Jahre alt, vom Schlemmer Vater („beim Oanga hoaßt mas“) das wunderbare mundartliche Gsangl in Liebessachen auf, wie es ein Dirndl sieht:

„1. Ja ja, wegn meina, geh nur eina, ziag die Schuacherl aus und leg die eina, ja denn so weit hergeh und so lang draußn steh braugst ja net wegn meina.

2. Und wennst net eina gehst, na bleibst halt draußn steh, kost vo mir aus wieda weitageh; ja du derfst net glabn, dass i di gar drum bitt, na, koan traurign Buam mag i nit.“

Und noch ein ganz spezielles coupletartiges Lied hat der „Onga Vata vom Eckertsberg“ dem Kiem Pauli vorgesungen: Die lustige und unterhaltsame Geschichte, wie einer nach Kufstein fährt – und was er da, vornehmlich in der Wirtschaft oder mit einem Madl, erlebt.

„1. Jetz fahr ma glei nach Kufstoa nei, beim Taubnwirt da kehr ma ei, wia i da eini kemma bi, da schreit da Hausknecht glei:“

Das ist der Anfang eines sehr unterhaltsamen Vortragsliedes mit folgenden Sprechteilen und Jodlern.

Der Volksliedsammler Kiem Pauli hat wohl hunderte Gewährspersonen gehabt, deren Wissen er aufzeichnen durfte. Er hat diese Menschen sehr ernst genommen und respektvoll behandelt, auch wenn er nicht alle ihrer Lieder in seine Sammlung aufgenommen hat, weil sie nicht seinem Volksliedverständnis entsprachen.

In seinem Nachwort begründet er die Auswahl und Herausgabe seiner „Sammlung Oberbayrischer Volkslieder“ (1934): „… daß ich zeigen wollte, wie unser Volk und sein Lied heute aussehen, wie das Volk denkt und fühlt. Liebe, Haß, Ernst, derber Spott und Humor und tiefe Religiosität findet man in seinem Lied. Lieber Leser, sei nicht böse, wenn die Dichtung manchmal sehr primitiv oder etwas derb ist, aber wir wollen doch die Menschen sehen, wie sie sind, mit ihren Fehlern und Vorzügen!“

In „Au bei Aibling“ hat Kiem Pauli am 3. und 5. Dezember 1928 noch einmal Station gemacht auf seiner Sammelreise, auf der er nicht mit dem Auto, sondern großteils mit dem Rad unterwegs war. Liedbelege stammen vom damaligen „Benefiziat Bergmeier“, von „Raufer“ und von der „Betty Buchwald“.

Zum 65. Todestag vom Kiem Pauli, am 10. September, wollen wir heuer ab 19 Uhr mit Unterstützung vom Verein „Au Kultur“ im historischen Trogerhaus in der Ortsmitte von Au viele Lieder aus seiner Sammlung singen. Der „Förderverein Volksmusik Oberbayern“ stellt die Liederblätter zur Verfügung, der Verein „Au Kultur“ sorgt für Getränke bei diesem gesellig-informativen Abend über den Kiem Pauli und sein volksmusikalisches Lebenswerk.

Ernst Schusser

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