Aschau – Was kommt heraus, wenn fünf Meisterschülerinnen und ein Meisterschüler in Sachrang eine Woche lang an der Meisterklasse Gesang unter Leitung von Juliane Banse, Sopranistin und Professorin für Gesang an der Universität Mozarteum Salzburg, und Pianist Henry Bonamy, Dirigent, Künstlerischer Leiter des Philharmonischen Orchesters Isartal und Lehrbeauftragter für Klavierbegleitung an der Hochschule für Musik und Theater München, teilnehmen? Es sei noch kein Endergebnis, sondern ein Blick in die Werkstatt, hatte Juliane Banse in ihrer Begrüßung angemerkt.
Unterschiedlichste
Lebensläufe
Ihre Meisterschüler wiesen unterschiedlichste Lebensläufe auf. Es war eine schillernde Bandbreite: Die jüngste Teilnehmerin hat gerade mit ihrem Gesangsstudium begonnen, die älteste Teilnehmerin, die ausgebildete Schauspielerin, Model und Sängerin Eva Holzapfel, hat gerade ihren 78. Geburtstag gefeiert, und zwei der Sänger haben ein zweites Standbein. Und dennoch war allen Sängern die Leidenschaft für das Singen spür- und hörbar gemein.
Weniger sanft als lebensbejahend bot die junge Sopranistin Anna Engel das „Pie Jesu“ aus dem Requiem von Gabriel Fauré dar. Überzeugend gelang ihr das melancholisch-schmachtende Madrigal „Amarilli mia bella“ von Giulio Caccini.
Mezzosopranistin Layle Shi gab aus dem Weihnachtsoratorium von Johann Sebastian Bach das Rezitativ „Nun wird mein liebster Bräutigam“ und die Arie „Bereite dich Zion“ mit dunkler, warmer Stimme zum Besten. Der Rolle als Prinz Orlofsky aus der Operette „Die Fledermaus“ von Johann Strauss wurde sie mit dem vergnüglich dargebotenen Couplet „Ich lade mir gern Gäste ein“ voll gerecht.
Sechs Gedichte nach Heinrich Heine aus „Dichterliebe“ von Robert Schumann ließ Pascal Hüppi erklingen: bezaubernde Lyrik bei „Aus meinen Augen sprießen“, Gänsehaut mit dem mächtigen, aber nicht schweren „Im Rhein, im heiligen Strome“ und großartige Dynamik beim „Ich grolle nicht.“
Sopranistin Eva Holzapfel sang zwei Lieder von Franz Schubert und „Ih mio babbino caro“ aus „Gianni Schicchi“ von Giacomo Puccini. Trotz leichten Vibratos ließen ihre Artikulation und ihr selbstbewusstes szenisches Agieren eine akribische Auseinandersetzung mit der Arie erkennen.
Sarah Kuppinger hatte gleich vier Auftritte: Ihrem „Höre Israel“ aus Elias von Felix Mendelssohn Bartholdy wollte man gern länger lauschen und ihr „et incarnatus est“ aus der „Großen Messe in c-Moll“ von Wolfgang Amadeus Mozart war gesangliche Verbeugung vor dem Werk. Ihrer Rolle als Cleopatra aus der Oper „Giulio Cesare“ von Georg Friedrich Händel konnte man nichts entgegensetzen. Mit ihrer weitgespannten Stimme wusste sie vor allem in den lyrischen, leisen Momenten wie dem „piangero“ und brillanten Koloraturen zu verzaubern und als Pamina aus „Die Zauberflöte“ von Mozart begeisterte sie mit der Verzweiflungsarie „Ach, ich fühl’s, es ist verschwunden“ mit anrührender Innigkeit ohne Larmoyanz.
Mezzosopranistin Sophia Hillert machte mit Ausdruckskraft und natürlicher Stimme drei Lieder aus Schuberts „Winterreise“ fassbar. Großartig, wie sie bei „Der Wegweiser“ „Eine Straße muss ich gehen, die noch keiner ging zurück“ interpretierte und wie poetisch sie das „Im Dorfe“ beschrieb.
Klangschön und
leidenschaftlich
In eine Hosenrolle schlüpfte sie in der Arie „Va pure ad altri in braccio“ aus „La finta giardiniera“ von Mozart. Ein durch alle Lagen hindurch klangschöner Mezzosopran, hingebungsvoll, leidenschaftlich.
Der Klassikmarkt werde nicht leichter, hatte Professorin Banse vorgewarnt. Und dennoch möchte man allen Meisterschülern „viel Glück“ nach diesem kurzweiligen und in die Tiefe gehenden Liederabend im Saal des Gasthofs Post zurufen. Chapeau dem Pianisten, der unvergleichlich die klangliche Geste jeglicher Note realisierte. Man sollte sich 2026 vormerken, wenn sich wieder die Werkstatt-Tür öffnet.