Die Rückmeldungen der Leser auf unsere 14-tägigen Volksmusikbeiträge in den OVB-Heimatzeitungen sind seit Jahren sehr erfreulich: Lieder werden nachgefragt, Musikstücke und Tänze gesucht oder mitgeteilt – und wertvolle weitere Informationen aus dem Leserkreis angeboten. All das macht diese regelmäßige Rubrik für die Volksmusikpflege in unserer Heimatregion so wichtig. Auch die Volksmusikforschung wird von den Rückmeldungen bereichert, denn hier finden bisher unbekannte Informationen über die Volksmusik in den vergangenen Generationen zusammen. Die volksmusikalische Feldforschung im „Förderverein Volksmusik Oberbayern“ profitiert in vielfacher Weise von den Informationen aus der Bürgerschaft über das mündlich überlieferte regionale kulturelle Erbe, das in letzter Zeit „Immaterielles Kulturerbe“ genannt wird.
„Bin i da kloa Sumberger Baua und hab halt a Häuserl a kloans, mei Feld is a Lack und a Weiha, mei Viech is a Kuah und a Goaß.“
Der Kiem Pauli (1882 bis 1960) ist vom Kreuther Tal aus in den 1920er-Jahren auf Volksliedsuche in die Dörfer im südlichen Oberbayern gefahren, mit dem Radl – von Mittenwald bis nach Berchtesgaden war er in mehreren Anläufen unterwegs. Unterstützt wurde er von den Wittelsbachern, die ihm in Bad Kreuth eine Herberge gegeben hatten. Überall, wo er hinkam, wurde er dann „weitergereicht“ von den „singerischen“ Menschen und musikalischen Familien zu den nächsten im Ort, in der Nachbarschaft oder in anderen Orten. Von den Gewährspersonen wurden ihm viele Lieder vorgesungen, die er aufnotierte, wenn sie in seine Vorstellung vom echten Volkslied passten. Manche Lieder waren Einzelbelege, manche Lieder hat er immer wieder gehört, so wie die Geschichte vom „Sumberger Bauern“, der in ärmlichen Verhältnissen haust, die von verschiedenen Sängerinnen und Sängern oft mit ganz unterschiedlichen Strophen, aber ähnlichem Inhalt beschrieben werden.
„Mei Häuserl is um und um gmaln ,von hintn is hölzern, woaßt wohl, von vorn da is halbert eigfalln, da Dachstui is halb eini hohl.“
Als wir vor 14 Tagen über die Lieder und Gewährspersonen mit Zitaten aus seiner „Sammlung Oberbayrischer Volkslieder“ (1934) berichteten, die dem Kiem Pauli im November und Dezember 1928 bei seinem Aufenthalt in „Au bei Aibling“ begegneten, war die Rückmeldung aus Leserkreisen sehr groß. Mehrfach wurden wir darauf hingewiesen, dass dem Kiem Pauli wohl beim Abdruck ein Fehler passiert sein müsste, den wir in unserem Beitrag übernommen hatten: Der Vorsänger der zitierten Lieder war zwar richtigerweise der „Schlemer Vater“ – beim Hofnamen hatte der Kiem Pauli geschrieben „beim Oanga hoaßt mas, z‘Eckertsberg bei Kematen. 16.11.28“. Es war aber nicht der „Oanga“, der dem Kiem Pauli vorgesungen hatte, sondern der Hofname war „beim Oacha“! So hat beispielsweise Brigitte Schlemer freundlicherweise die Redaktion darauf aufmerksam gemacht, dass der „Oacha“ ihr Großvater war und es ein Ölbild von ihm mit dem Kiem Pauli gibt. Wir bitten für den Aufzeichner und für uns als „Abschreiber“ um Entschuldigung und bedanken uns ganz herzlich bei den Leserinnen aus Au für die Richtigstellung.
„Bei da Haustür san d‘Angln wegbrocha, i muaß scho mit Bretta voloahn, das Dach hat mehra Löcha wia Schindln, an Scherm ham mir längst scho mehr koan.“
Freundlicherweise durfte ich auch Cilli Gasteiger („beim Zimmermoasta“) in Au besuchen, die eine wahre Heimatkundlerin ist und unzählige Dokumente über das Leben und die Menschen in Au, die Berufe und die Kultur zusammengetragen hat und sorgfältig sortiert aufbewahrt. Dieser Schatz ist eine unwiederbringliche Sammlung zur Orts- und Regionalgeschichte von Au. Cilli Gasteiger unterstützt unsere volksmusikalische Forschungsarbeit vorbildlich, und bei ihr laufen viele Nachrichten zusammen – so auch die, dass das vielstrophige Lied vom „Sumberger Bauern“ auch in Au gesungen wurde. Der Kiem Pauli hat es mit Angabe anderer Gewährspersonen in seiner dicken „Sammlung Oberbayrischer Volkslieder“ abgedruckt.
„Mei oanzigs Hemad is um und um z‘rissn, es hebt ma fast nimma am Leib, d‘Hosn hab i mit Strickn raufbundn, so haus ma halt i und mei Weib!“
Alljährlich am 10. September gedenken wir der Person und der Lebensleistung vom Kiem Pauli – es ist sein Todestag. Heuer sind wir in „Au bei Aibling“ im historischen Trogerhaus: Um 19 Uhr singen alle Besucher miteinander Lieder aus der Sammlung vom Kiem Pauli – und natürlich auch einige, die er in Au aufgezeichnet hat. Der Verein „Au Kultur“, der sich um das alte Trogerhaus in der Ortsmitte kümmert, sorgt für Getränke, der „Förderverein Volksmusik Oberbayern“ für die Liederhefte zum Mitsingen. Zwischen den Liedern gibt es Informationen über das Leben und Wirken vom Kiem Pauli – und wir hoffen, dass auch die Bürgerschaft von Au über den damaligen einwöchigen Besuch vom Kiem Pauli und die weiteren Kontakte erzählt, so wie es von den Vorfahren überliefert ist. Der Eintritt ist frei.Ernst Schusser