An der Gitarre hängt sein Herz

von Redaktion

Der Musiker und Dozent Werner Huppertz ist mit dem zweiten Teil von „La Historia de la Guitarra“ zu Gast in der Villa Sawallisch

Grassau – Schon seit Jahrzehnten hat der Solist, Kammermusiker und Dozent Werner Huppertz „das einzige Instrument, das man an sein Herz drücken muss“, für sich entdeckt. In der ersten Septemberwoche gab er in der Grassauer Villa Sawallisch zum zweiten Mal einen seiner begehrten Meisterkurse, in dessen Rahmen er als öffentliches Konzert den zweiten Teil von „La Historia de la Guitarra“ präsentierte. Das Zitat mit dem „ans Herz drücken“ stammt von seinem argentinischen Kollegen Atahualpa Yupanki, und damit sind wir auch schon bei dem, was den Virtuosen des Abends fast genauso am Herzen liegt wie die Musik selbst: die Geschichte der Gitarre, ihrer Komponisten und Interpreten und ihre lange Tradition.

Einen „begeisternden Musikerzähler“ nannte ihn Gastgeber Andreas Baumgartner bei seiner Vorstellung, worauf dieser erst einmal nicht weiter einging und stattdessen als Antwort sein Instrument sprechen ließ. Mit Mauro Guilianis Grande Ouverture op.6 als temperamentvolle Einstimmung auf einen im besten Sinne unterhaltsamen Abend. Die belebenden Klänge des italienischen Komponisten und der Applaus waren kaum verklungen, da saß auf der Bühne ein anderer Werner Huppertz. Der hoch konzentrierte Virtuose machte einem heiter gestimmten Erzähler Platz, der sein Publikum ohne viele Umstände mitnahm in die Welt der Musik. Im Fall von Guiliani ins Wien zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Dort herrschte musikalisch gerade das „Rossini-Fieber“. Damals wurde der Maestro aus Apulien an der Donau zum Star, wobei ihn allerdings bald die Kehrseite des Ruhms einholte. Amüsant und detailreich vorgetragen, hatten die Klassikfreunde in der Villa Sawallisch ihre Freude an diesem und an allen folgenden musikhistorischen Exkursen.

Die folgten dann auch zuverlässig nach jedem der folgenden Konzertstücke, ob nach Julián Arcas‘ Traviata Fantasie oder dem Rondo Brillante von Dionisio Aguado. Nur beim Heroen aller Musiker, dem großen Johann Sebastian Bach und seinem Präludium, Fuge und Allegro BWV 998 als Gitarrenbearbeitung, konnte man seiner einleitenden Erzählung doch eine gewisse Ehrfurcht anhören.

Ein Halbgott der anderen Art, die Gitarristen-Legende Andrés Segovia, kam ebenfalls zur Sprache, doch an dem Abend nicht musikalisch. Der Musikerzähler Huppertz sagte auch warum und vertröstete dessen Fans auf seinen nächsten Besuch in Grassau.

Zu hören waren dann noch die Fantasia original von José Vinas und von Antonio Jiménez Manjón die Aire Vasco op. 19. Eindeutig dominiert wurde der Abend zwar von den Spaniern des 19. Jahrhunderts, fast alles berühmte Solisten, Komponisten oder Gitarrenlehrer, doch der Gesamtklang des Konzerts war deswegen alles andere als gleichförmig oder gar eintönig. Stattdessen war in der Villa Sawallisch zu hören, virtuos musikalisch und lebendig erzählt, welche Faszination gerade dieses Instrument mit seiner antiken Vergangenheit und der immer wieder lebendigen Präsenz auf Musiker und Komponisten ausübt.

Die Eingeweihten sprechen vom Mythos Gitarre, einer von ihnen war an diesem Abend dabei: der Gitarrenbauer Claus Vogt aus Wasserburg. Dessen Instrument, wenn er es nicht gerade ans Herz drückte, ließ Werner Huppertz während des Konzerts keinen Moment aus der Hand. Was noch auffiel: Kein einziges Notenblatt war zu sehen, der Maestro spielte auswendig; wie die Engländer sagen „by heart“. Herzenssache. Klaus Bovers

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