Zeitlichkeit als Gemeinsamkeit

von Redaktion

Galerie Markt Bruckmühl zeigt Arbeiten von Klaus-Martin Treder und Bernhard Betz

Bruckmühl – Die Galerie Markt Bruckmühl beendet ihre Sommerpause. Auch in der neuen Ausstellung bilden ein Maler, Klaus-Martin Treder, und ein Bildhauer, Bernhard Betz, den reizvollen Kontrast. Die beiden arbeiten mit großer Originalität, die die künstlerische Sehweise und die Bereitschaft zur Akzeptanz durch den Betrachter auf die Probe stellt. „Pur“ lautet der Ausstellungstitel, was heißt, dass beide Künstler sich ausschließlich mit ihren Vorstellungen beschäftigen und diese zum Ausdruck bringen.

Zerlegt und falsch zusammengebaut

Bernhard Betz, der in München lebt und arbeitet, hat sich auf das Umgestalten von Gewesenem zu Neuem besonnen. Er zerlegt alte Möbel, auch Musikinstrumente, die keiner mehr braucht, und baut sie falsch herum wieder zusammen. Wobei das Wort „falsch“ nicht zutreffend ist. Indem er sie anders als zuvor zusammenbaut, verleiht er ihnen neues Leben. So entstehen skurrile Gestalten, die schmunzeln oder staunen lassen. Aber die Dinge tragen ihre vorangegangene Geschichte immer noch in sich. In eine Raumecke gedrückt steht ein hoher einbeiniger Stuhl, das Kissen sorgfältig mit Posternägeln befestigt, zwei Stuhlrückenteile im rechten Winkel aneinandergefügt, der alte grüne Lack abgeblättert – schäbig und dennoch majestätisch. Alle Exponate haben diesen Charakter: alt, aber in gutem Zustand und mit fühlbarer Würde. Und liebenswert.

Damit setzt Bernhard Betz indirekt auch dem alten Menschen ein Denkmal. Dies wird hervorgehoben durch die Serie „Hacklstecka“. Fünf geknickte Gehhilfen sind nebeneinander aufgereiht, Gehstöcke aus unterschiedlichen Hölzern, unterschiedlicher Abnutzung, unterschiedlicher Farbe und Gestaltung. Bernhard Betz möchte mit diesen Stöcken, die „ihren Menschen“ überlebt haben, eine Geschichte erzählen, die Respekt vor gelebtem Leben erweist.

Ob jedes Exponat nur aus ein und demselben ursprünglichen Teil besteht, fragt man den Künstler. Ja, es wird nie ein fremdes Teil hinzugefügt, und nur in seltenen Fällen finden einige übrig gebliebene Teile keine Verwendung. Und woher er die vielen alten Möbel und hölzernen Geräte habe? „Es ist bekannt, dass ich alte Möbel zur Weiterverwendung sammle, und ich bekomme immer etwas gebracht“, lautet die Antwort. Dazu verleiht Betz seinen Kreationen Titel, die die Emotionalität, ob in Richtung Witz oder aber Melancholie, noch erhöhen.

Beginnen wir bei den Bildern von Klaus-Martin Treder ebenfalls mit den Titeln. Diese vermitteln eher akademische Ansprüche, wie zum Beispiel „Orientierungsverlust und Ästhetik“ oder „Anwesend, in bewusst wahrgenommener Weise, gegenwärtig“. Betrachtet man die dazugehörenden Werke, steht man – um ein Beispiel zu nennen – vor einem Bild, das nur aus einer grünen Fläche besteht, ein „konkretes Bild“ also. Bei näherem Hinsehen fällt eine Ergänzung auf, die mit ihren Farben Rot und Gelb ins Auge sticht, nicht gemalt sondern dinglich auf den oberen Rand des Werkes gestellt. Es handelt sich um einen trivialen Alltagsgegenstand, der aber optimal eingefügt ist. Andere Arbeiten von Treder bestehen aus gegossenen Farbplatten, auf einen Untergrund aufgebracht und ebenfalls wieder mit Dinglichem versehen.

Neues Leben
für Alltagsartikel

Wir entdecken Artikel aus dem alltäglichen Leben wie Plastikdeckel, Flaschenverschlüsse, Haare von einer Rasur und Farbtropfen. Alle Komponenten sind so platziert, dass man die bewusste Konstruktion erkennt. „Und gleichsam als Abfall unserer Konsumrealität vermitteln sie eine Zeitlichkeit“ erläutert die Rednerin Dr. Sonja Klee. Eine Zeitlichkeit vermitteln, das ist letztlich die Berührung zwischen den Arbeiten von Bernhard Betz und Klaus-Martin Treder.

Bis 12. Oktober

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