Neubeuern – Die Galerie am Markt in Neubeuern zeigt derzeit die Ausstellung „Menschen – Berge – Stadtlandschaft“, bei der Regina Marmaglio, langjähriges Mitglied des Neubeurer Künstlerkreises, ihren Künstlerkollegen Gerhard Prokop aus dem Kunstverein Rosenheim eingeladen hat. Während Marmaglio sich in ihren Werken mit Menschen und Bergen beschäftigt, widmet sich Prokop dem Thema Stadtlandschaften.
Mehr als
realistisch
Gerhard Prokop, der Kulturpreisträger der Stadt Rosenheim, beschäftigt sich schon seit Jahren mit dem Thema, „denn“, so sagt er, „die meisten Menschen leben in Städten, und Stadtlandschaften sind unsere unmittelbare Umgebung, die uns und unser Bewusstsein prägen“. Seine Werke sind dem Hyperrealismus zuzuordnen und zeichnen sich durch ungewöhnliche Perspektiven und das Weglassen von Personen und Autos aus, ebenso aller Zufälligkeiten des Augenblicks. Die Bilder repräsentieren nicht mehr die hundertstel Sekunde der Fotos, die als Skizzen dienen, sondern einen viel größeren Zeitraum und haben damit eine größere zeitliche Gültigkeit.
Prokop fotografiert seine Motive als Panoramafotos, montiert sie am Computer zu Weitwinkelfotos und korrigiert perspektivische Verzerrungen digital. Als nächster Schritt kommt die Projektion auf den Bildträger. Da die erste Vorzeichnung aber noch sehr ungenau ist, muss er mit allen möglichen Hilfsmitteln, wie etwa Kurvenlineal oder auch x-Gleichungen am Taschenrechner, korrigieren und präzisieren. Erst danach kommen Gouache, Wasserfarben, Tuscheline und am Schluss Ölfarben dazu.
Manchmal möchte er auch den Finger in eine Wunde legen. Das Gemälde „Betriebswagenwerk 5“ gehört zum historischen Bahnhof Rosenheim. Es ist ihm ein Anliegen, dass dieses alte Industriegebäude erhalten bleibt und in Zukunft kulturell genutzt wird.
In einer Laudatio hob Ulrike Gierlinger ein Detail im Gemälde „Via Nunzio Nasi – Palermo“ hervor: Ein Plakat mit dem Bild der Mikrobiologin Esther Zimmer, die bedeutende Entdeckungen machte, jedoch im Gegensatz zu ihrem Mann keine Nobelpreis-Würdigung erhielt.
Regina Marmaglio bearbeitet parallel verschiedene Werkserien aus Holz, das sie farbig gestaltet. Wie Ulrike Gierlinger erläuterte, verbindet Marmaglio dabei die Möglichkeiten der Malerei und Bildhauerei. Für ihre Berglandschaften nutzt sie, ebenso wie Prokop, die Fotografie als Ausgangspunkt.
Fotografie als Ausgangspunkt
Sie setzt das Motiv nach einem Ausschnitt auf dem Foto um und legt das Foto aber an einem gewissen Punkt zur Seite und schaut nur noch die Arbeit an. Sie legt viele Farbschichten übereinander, lässt sie jeweils trocknen und geht mit ganz trockenen Pinseln noch einmal drüber – ein relativ langer Prozess. Da sie keinen Glanz auf der Holzoberfläche haben möchte, benutzt sie am liebsten Abtönfarben.
Ihre Skulpturen tragen praktische Kleidung. Manche sind in der Ausstellung so arrangiert, dass Beziehungen zwischen den Figuren entstehen. Sie stehen sich gegenüber oder wenden sich den Rücken zu, eine lässt die Arme hängen, eine andere hat die Hand in der Hosentasche oder den Arm in die Seite gestützt. Die Namensgebung der Werke ist vielschichtig, wie bei der Figur „überlegen“. Eine ihrer Skulpturen, ein Beamter mit brauner Aktentasche und Pullunder, steht mittlerweile im Sitzungssaal des neuen Rathauses in Neubeuern.