„Draußn und drinna, mitanand singa…“

von Redaktion

Aus der Volksmusikpflege Über die Vielfalt der in unserer Region überlieferten und lebendigen Volkslieder

Nun zieht wieder der Herbst ins Land und die Gelegenheiten, draußen miteinander zu singen, werden weniger. Aber: Dann beginnen halt vermehrt die Singgelegenheiten „drinnen“, in der gewärmten Stube, so wie z.B. zum Gedächtnis für den Kiem Pauli am 10. September, als am Abend so viele Besucher ins historische Trogerhaus in Au bei Aibling gekommen waren, dass die Sitzgelegenheiten „bald nimma glangt“ hätten.

Es war eine Freude, wie die Bürger aus Au zusammen mit den „Auswärtigen“ gesungen haben, was der Kiem Pauli in den 1920er-Jahren aus dem lebendigen Volksgesang aufgezeichnet hatte. Und der Auer Hansl war auch dabei und sang mit seiner Frau, ein Lied, das wir im August in den OVB-Heimatzeitungen abgedruckt hatten:

„Ja, ja weng meina

geh nur glei eina,

ziag deine Schuachal aus

und leg di eina.

Ja denn so weit hergeh

und so lang draußn steh,

des brauchst ja net wegn

meina.“

Das ist wohl eine Einladung vom Dirndl an den Burschen. Viele überlieferte Volkslieder besingen die Liebe und das Miteinander – aber manchmal auch das Gegeneinander und Auseinander, wenn es mit der Zweisamkeit nicht passt.

Da ist das Volkslied in seinen Texten durchaus deutlich – genauso deutlich wie in den Wildschützenliedern, in denen die herrschaftlichen Jäger oft den Kürzeren ziehen:

„Drum mirkts es enk,

es Jagersleit,

und lassts de Schützn steh.

Und seids net gar

so voller Schneid,

es könnt enk net guat geh.

A Wildschütz lasst si

net mitführn,

hat koana ja an

Dreck im Hirn,

sischt mach mas enk

no allsamm recht,

es arme Jagersknecht!“

Da ist er wieder, der bayerisch-deutliche Ausdruck, die Obrigkeitskritik und der Freiheitswille, der in vielen Volksliedern zielgerichtet besungen wird. Wenn wir mit unseren gesungenen Geschichten auf Straßen und Plätzen die Passanten – wie die alten Bänkelsänger – zum Verweilen und Mitsingen einladen, dann sind diese Lieder von den „Bayerischen Helden“ sehr beliebt. Sie sind ein Teil der bayerischen Sozialgeschichte und in ihrer Konkretheit und Emotionalität sehr bildhaft. Viele Lieder beschäftigen sich auch mit den positiven und negativen Seiten der damaligen Herrscher in Bayern.

Wenn Ludwig II. meist legendenhaft besungen wird, so geht es bei seinem Großvater, König Ludwig I. schon realistischer und handfester zu. Sein Donau-Main-Kanal wird süffisant betextet – und erst recht deutlich geht es bei seiner Geliebten, der Tänzerin Lola Montez, zu, die wesentlich dazu beigetragen hat, dass die Bürger in München 1848 den Aufstand geprobt hatten. Lola wird vertrieben und in einem Lied in „Ich-Form“ wird ihr in den Mund gelegt: „Überall hinausgetrieben, überall davongejagt, ist mir kein Asyl geblieben, nirgends mehr, Gott sey’s geklagt! Bayern, das aus Nacht und Pfützeich zum Spaß ein wenig hob, Bayern, meine letzte Stütze, warf hinaus mich bayrisch grob.“

Ganz vielfältig sind die überlieferten Volkslieder in ihrer Thematik und sie zeugen vielfach vom Leben der Menschen in ihrer Zeit. Aber auch heute laden diese Lieder zu einer positiven Singgemeinschaft ein, in der Geselligkeit der Wirtshäuser und dörflichen Gemeinschaftsräume, beim nachbarschaftlichen und freundschaftlichen Hoagartn auf der Hausbank oder in der Stube, in der Familie mit den verschiedenen Generationen beim Singen mit den Kindern.

Gelegenheiten gibt es genug, wie früher in Gemeinschaft miteinander zu singen, so auch bei Wallfahrten mit geistlichen Volksliedern oder beim Singen der „Deutschen Volkslieder“, die früher auch in der Schule gelernt wurden und nicht nur die Gefühle der älteren Generation ansprechen:

Wahre Freundschaft

soll nicht wanken,

wenn sie gleich entfernet ist;

lebet fort noch in Gedanken

und der Treue nicht vergißt.“

Liebe Leser, probieren auch Sie es einmal (wieder) mit dem Selbersingen, allein oder mit anderen zusammen. Gelegenheiten finden sich immer zum „Draußn und drinna, mitanand singa“ – unter anderem angekündigt in der „Volksmusik-Zeitung“, die wir Ihnen gern kostenlos zusenden (Förderverein Volksmusik Oberbayern, 83052 Bruckmühl, Pfarrweg 11,
Telefon 08062/8078307, ernst.schusser@heimatpfle-
ger.bayern).ernst schusser

Termine zum Singen im Überblick

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