Der Erler Wind im Nußdorfer Glashaus

von Redaktion

Musikalische Begegnungen mit Cembalo, Klavier und Glasinstrumenten im Atelier von Florian Lechner

Nußdorf – Im lichtdurchfluteten Atelier des Glaskünstlers Florian Lechner in Urstall stehen zwei Cembali, ein Flügel und natürlich viele Glaskunstwerke, deren Eignung als Musikinstrumente sich noch erweisen wird: Florian Lechner hat zum Konzert unter dem Titel „Begegnungen“ geladen. Angela Koppenwallner an den Cembali und Masako Ohta am Flügel spielten sich improvisierend zu und spielten mit Klängen auf insgesamt fünf Manualen. Zuerst schlugen sie auf und zupften an den Saiten, dann begann Masaka Ohta ein Stück von Couperin, auf das Angela Koppenwallner mit einer verzierungsreich-eleganten Sarabande von Jaques Champion de Chambonnières antwortete, auf die wiederum Masaka Ohta mit der sanglich fließenden Sarabande aus Bachs B-Dur-Partita reagierte, die Töne lange aus- und nachhallen lassend. Koppenwallner erwiderte mit einer Sarabande von Chambonnière und fügte dann ein eigenes Stück dazu, das sich rhythmisch an der Sarabande orientierte und sich in wohligen Dissonanzen badete, worauf sich Ohta spontan am Klavier mit eigenen Akkorden und Motiven einschaltete: Begegnungen als Weitergehen interpretierend.

Dass Chopin ein Bach-Bewunderer war, bewies Masako Ohta, indem sie einem Bach-Präludium das „Regentropfen-Prélude“ von Chopin folgen ließ. Der Toccata von Johann Jacob Froberger im „stylus fantasticus“, gespielt von Koppenwallner, fügte sie das volltönende „Intermezzo“ aus den Klavierstücken op. 118 von Brahms an samt einer anschließenden eigenen Klangimprovisation, in das sich Koppenwallner am Cembalo einschaltete und dann auch noch Florian Lechner mit einem rasselnden Glas-Rad, das mit Glaskugeln bestückt war. Chopins f-Moll-Nocturne op. 55/1 ging nahtlos in Bachs Sarabande aus seiner c-Moll-Partita über und dann kam der Schluss-Cloud: Florian Lechner kündigte eine gemeinsame Improvisation an mit dem Titel „Erler Wind“. Schmunzelnd zeigte er die „Partitur“ dazu vor: ein längliches Blatt Papier mit einer gezackten Grafik, die sich aus Aufzeichnungen eines Oszillografen ergab.

Lechner begab sich dazu an eine seiner Glasschüsseln, in der er mit einem Schlegel rührend leise bis kreischende Töne erzeugte, was auch Masako Ohta auf ihren Klaviersaiten tat, bis sie windstürmische Akkorde dazu gab, während Koppenwallner auf ihrem Cembalo eine Art Toccata improvisierte. Alles erstarb dann in leisen Glasglockenklängen: vielfältige musikalische, instrumentale und nicht zuletzt freundschaftliche Begegnungen erzeugten eine hingebungsvolle und mitatmende Stunde voller klanglicher Überraschungen.

RAINER W. JANKa

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