Bad Aibling – Es ist ein wohl überlegtes, einleuchtendes Zusammenfügen: das 75-jährige Bestehen des Kunstvereins und die nichtjurierte Mitgliederausstellung. Beides entspricht dem Geiste des Aiblinger Kunstvereins, nämlich offen zu sein nach allen Richtungen. Und so bekommen auch diejenigen eine Chance, die keine Ausbildung zum Künstler genossen haben und sich dennoch mit ihren Werken an die Öffentlichkeit wagen. Und das ist mittlerweile bereits Tradition.
„Was war –
was sein wird“
Das Thema der diesjährigen Präsentation lautet „Was war – was sein wird“. Am weitesten zurück in die Vergangenheit greift Rupert Dorrer. Er hat eine afrikanische Maske, die Taucher aus dem Mittelmeer ans Tageslicht brachten, in sein Bild montiert und lässt sie über Jahrhunderte zu uns sprechen. Mit ihr teilen sich Reifenabdrücke aus der Jetztzeit das Gemälde – sorgfältig gestaltete Spuren, die in eine unbekannte Zukunft führen. Eine kalkulierbare Größe stellt der goldene Streifen dar. Er steht als Symbol für das Beständige.
Jahrtausende alt ist die Kopfbedeckung auf Tatjana Raums Mädchenantlitz. Dieses steinerne Gebilde erzählt von einer langen Entstehungszeit, das Gesicht hingegen ist aus jüngerer Zeit und bildhauerisch behandelt. Das zarte Lächeln deutet auf eine optimistische Sicht in die Zukunft hin. Jürgen Gössl hat dem Thema noch die Komponente „Gegenwart“ hinzugefügt. Drei verschiedene Farbräume in einem Bild stehen für die drei Zeiten „was war, was ist, was wird sein“. Der Himmel wechselt seine Tönung und lässt verschiedene Stimmungslagen zu.
Hanni Harzenetter malt mit wenigen breiten Acrylstrichen einen flüchtenden Menschen. Man sieht förmlich, wie die Person gehetzt wird, nur eine überquellende Tüte bei sich tragend. Alles auf dem Gemälde scheint in Aufruhr, spiegelt das Befinden des Flüchtenden wider.
Heldenfiguren oder Geister möchte Uwe Huber mit seinen Mitteln in die Moderne übertragen. Er benutzt dazu Metallreste wie Ketten und Haken. So gestaltet er eine Frauenfigur, die er tiefschwarz lackiert, dazu versieht er sie mit hochhackigen Stiefeln – ein Vamp erster Güte und doch ein Relikt aus der Zeit der Naturgeister.
Ingeborg Benninghoven geht üppig mit Farbe um. Pastos ist der Auftrag ihres Bildes „Alles im Lot auf dem Boot“, wobei die gedeckten Farben ineinander laufen. Weiß, schwarz und das Braun von Paketpapier vertragen sich vorzüglich in ihrem Werk. Die solcherart verwendeten Farben stellen – man glaubt es kaum – ein Boot dar. Gekrönt wird das Ganze durch ein selbstverfasstes Gedicht. Man mag schmunzeln darüber, aber es ist auch philosophisch:
Auf unbestimmter Reise
Sitz ich in meinem Kahn
Mal oben
Mal im Wellental
So zieh ich meine Bahn
Was war –
Was wird –
Ich weiß es nicht –
Ich runde meine Kreise.