Prien – Es sollte eine Überraschung werden – und die gelang zu hundert Prozent. Zum 85. Geburtstag des Priener Künstlers Lenz Hamberger wollte ihn der Kulturbeauftragte und Leiter des Heimatmuseums Karl J. Aß in Absprache mit der Gemeinde mit einer Sonderausstellung ehren. Das Besondere daran war, dass der Jubilar bis zum Schluss nichts davon im Vorfeld erfahren sollte. „Es haben wirklich alle dicht gehalten“, erzählte Lenz Hamberger im Gespräch.
Die gezeigten 26 Linol- und Holzschnitte, die noch bis zum 26. Oktober im ersten Stock des Heimatmuseums zu sehen sind, stammen aus einer Schenkung von 138 Werken, die der Künstler 2013 der Kunstsammlung des Marktes Prien vermacht hat.
Lenz Hamberger ist ein Autodidakt. Zu seiner Kunst kam er zum einen durch seine künstlerische Begabung, die in der Familie lag. Zum anderen durch seine Ausbildung in einer Priener Buchdruckerei, die ihm Zugang zu seinem künstlerischen Handwerk eröffnete. Auch die Bekanntschaft mit dem Priener Kunstmaler Konrad Huber, der die Möbel seines Vaters verzierte, spornte ihn an. Viele Besuche in dessen Atelier führten zu einer engen Freundschaft der beiden. Gemeinsam gründeten sie in den 1960er-Jahren die „Künstlergruppe Prien“ sowie die „Kalendergemeinschaft“, in der 30 „Priener Künstlerkalender“ erschienen sind. Auch bei seiner späteren Anstellung als Korrektor in der Redaktion des Oberbayerischen Volksblatts verbrachte er seine Mittagszeit in der Druckerei, um dort seine Arbeit mit Holzschnitten zu perfektionieren. Später richtete er sich seine eigene Werkstatt zu Hause ein.
„Kunst hat mich immer in allen Facetten interessiert“, so Hamberger. So habe er in den frühen 1960er-Jahren wöchentlich alle bekannten Galerien in München besucht, um die Kunst der Großen wie Erich Heckel, Karl Schmidt-Rottluff, Max Beckmann und Ernst Wilhelm Nay zu studieren. Seine Vorbilder seien die grandiosen Holzschneider Hap Grieshaber und Josua Reichert gewesen, in den 1970er-Jahren habe er dann seinen eigenen Stil entwickelt. Viele seiner Werke entstanden in der Nacht, da er nach wie vor seiner Arbeit nachging. Erstmals stellte er 1959 aus. Es folgten zahlreiche Ausstellungsbeteiligungen sowie Einzelausstellungen von damals bis heute. 1965 erhielt er den „Förderpreis des Marktes Prien“, 2024 den Ehrenpreis des Kulturfördervereins Prien. Seine Exponate waren nicht nur im Chiemgau, sondern auch in Frankreich, Ungarn, der Schweiz, Österreich, Italien und Polen zu sehen.
Insgesamt habe er bei einer Sichtung seiner Arbeiten für die Ausstellung zum 70. Geburtstag 3000 Einzelblätter gezählt. „Da hat sich schon ein bisschen Stolz und Freude eingestellt, dass so viel gelungen ist“, so der Jubilar.
Seine Inspiration erhält der Künstler meist aus dem Kopf, vieles entstehe während der Arbeit selbst. Auch die Lektüre rege seine Fantasie an, etwa das mesopotamische Gilgamesch-Epos. Ebenso würden Eindrücke aus Reisen wie die zur Vulkaninsel Stromboli oder besondere Begegnungen wie die mit der „Kleinen Venezianerin“ einfließen. Letztere hatte ihn beim Zeichnen in Venedig interessiert beobachtet und ihm dann einen Kaffee spendiert.
Kunst sei für ihn so wichtig wie das tägliche Brot. „Wenn ich zwischen einem knusprigen Schweinsbraten oder dem Anblick eines Beckmanns wählen müsste, würde es immer die Kunst sein“, erklärte Hamberger schmunzelnd. Durch die künstlerische Arbeit habe er wundervolle Menschen kennengelernt und wunderbare Gespräche mit Gleichgesinnten geführt. Denn trotz seines Quereinstiegs hätten ihn viele Kollegen von Anfang an akzeptiert. Er sei rundum zufrieden mit seinem Leben. „Es hätte nicht besser laufen können – was will man mehr“, so sein Fazit. Petra Wagner