Finsterlieder, Fliegen und Filmmusik

von Redaktion

Interview Sebastian Horn und Gerd Baumann von „Dreiviertelblut“ vor ihrem Konzert im Ballhaus Rosenheim

Rosenheim – Die Band „Dreiviertelblut“ um das kongeniale Duo Sebastian Horn und Gerd Baumann gastiert am Freitag, 10. Oktober im Ballhaus im Rosenheim. Im Interview mit dem Oberbayerischen Volksblatt sprechen die beiden Musiker über neue Projekte, kulturelles Selbstverständnis und die Musik zur ARD-Serie „Oktoberfest 1905“.

Das Ballhaus kennt Ihr ja bereits. Mit welchem Programm werdet Ihr dieses Mal kommen?

Gerd Baumann: Unsere neue Platte „Prost Ewigkeit“ ist ja noch nicht in den Regalen verstaubt, deswegen spielen wir hauptsächlich unsere neuen Stücke. Aber ein paar Klassiker dürfen nie fehlen und ein paar Überraschungs-Songs gibt es meistens auch, wir wollen uns ja auch selbst fordern und uns jung und frisch halten…

Unterholz, Finsterlieder, Maria Elend: alles reichlich düster. Ist das Programm als eine Art Kontrast zum gängigen, populären Bayern-Image verstehen ?

Sebastian Horn: Lustig. Was ist denn das populäre Bayern-Image? Die Wiesntrachtler, Barbie-Dirndl oder ein Senner, der auf einen Haselnuss-Stecker gestützt in die Ferne schweift? Bayern hat so viel mehr zu bieten! Von Kurt Eisner über Lena Christ über Emerenz Meier hin zu Valentin, Oskar Maria Graf, Achternbusch, Michael Ende und Jean Paul! Das Betrachten der Düsternis liegt uns im Blut und es reinigt uns auf dem Weg ins Licht.

Aber Ihr habt noch eine andere Seite, nämlich die komödiantisch-skurrile, wie sie sich im Video „Aufn Mond“ zeigt. Wie kam es dazu und wer führte bei dem Video Regie?

Gerd Baumann: Mein Sohn Béla Baumann. Er studiert in Essen Komposition und Visualisierung, macht viele experimentelle Projekte, die ich höchst spannend und inspirierend finde. Er war im Frühling eine Zeitlang in München, wir haben ihn gefragt, ob er – gemeinsam mit der Künstlerin Paula Kiermaier – das Video übernehmen würde. Und dann haben wir versucht, auf den Mond zu fliegen. Mit Johnny, dem Traktor. 

Der Titelsong „Wos übrig bleibt“ in „Oktoberfest 1905“ strotzt vor „Bluat“, „Madn“ und „Fliagn“, da wurlt es so richtig. Kommt da bei Sebastian Horn als Texter der studierte Biologe raus ?

Sebastian Horn: Dem komm‘ ich sicher nicht aus und es gibt auch nichts Schöneres, als das Leben zu studieren, zu bewundern und somit täglich und überall das Göttliche zu schauen. Und da gehören eben Maden und Fliegen auch dazu. Es hat mich als Jugendlicher umgehauen, als uns unser Deutschlehrer von Charles Baudelaire das Gedicht „Ein Aas“ zu lesen gab. Da steckt das alles drin. Im Lied „Zeit“ geht es um die unterschiedliche Wahrnehmung von Zeit durch die verschiedene Auflösung der Bilder, die ein Organismus pro Sekunde wahrnehmen kann. Schnecke vier, wir 28, Fliege 230. Was macht das mit uns? Es ist so spannend und schön gleichzeitig. Und mal ehrlich: Ich glaube, die sind auf das Lied nur gekommen, weil das Wort „Wiesn“ drin vorkommt, aber eine ganz normale mit Blumen und nicht die von Therese.

 

Ihr seid ja „filmaffin“, habt schon Musik fürmehrere Soundtracks beigesteuert – wie war die Zusammenarbeit bei „Oktoberfest 1905“, und stammt die komplette Musik von euch ?

Gerd Baumann: Nein. Die Musik stammt von Michael Klaukien, wir haben nur ein paar Lieder beigesteuert, die von der wunderbaren Brigitte Hobmeier gesungen werden. In der aktuellen Staffel sind das beispielsweise „Kummer“ und „Immer weida“, aber auch der „Deifedanz“ ist mit dabei.

Interview: Andreas Friedrich

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