„Modern Sinti-Sound“ brachte mit Musik und Gesprächen Vorurteile ins Wanken
Spitzen-Jazz ohne Klischees
Rosenheim – Ein außergewöhnlicher Konzertabend fand im Rosenheimer Künstlerhaus am Ludwigsplatz statt: Bobby Falta und sein Sohn Lancy, zwei der besten deutschen Sinti-Jazzgitarristen, standen auf der Bühne. Begleitet wurden sie von Sängerin Melanie Bong und Patrick Scales am E-Bass, beides ebenso beeindruckende Jazz-Virtuosen. Zwischendrin gab es Interviews mit den Musikern. Bobby Falta entstammt mütterlicherseits der Musiker-Familie Reinhardt. Was er über sein Leben und seine Erfahrungen als Sinto erzählte, berührte das Publikum. Der Abend war im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Memoria thaj resistenca – Erinnern und Widerstehen. Sinti und Roma in Rosenheim“ vom Stadtarchiv Rosenheim gemeinsam mit der „Initiative Erinnerungskultur – Stolpersteine für Rosenheim“ organisiert worden.
Bobby Falta, 1941 geboren, überlebte als Kind die Verfolgung der Sinti und Roma während der NS-Zeit, ebenso wie sein Bruder und die Mutter. Sein Vater starb im KZ Mauthausen. Ressentiments gab es auch in der Nachkriegszeit noch genügend. „Ich dachte, euch Zigeuner hätten sie alle vergast! – Solche Worte hab ich als Kind nicht nur einmal gehört“, erzählte er vor aufmerksamen Zuhörern im Gespräch mit Dr. Maria Anna Willer.
Die Kulturwissenschaftlerin lernte den Musiker kennen, als sie für die Ausstellung „VerVolkt. Achtung kann Spuren von Nazis enthalten“ (2023 im Stadtmuseum Memmingen) die Familie Falta interviewte und über sie schrieb.
Bobby Falta war 1967 Mitbegründer des Schnuckenack-Reinhardt-Quintetts, das mit traditionellem Gypsy-Swing im Stil Django Reinhardts populär wurde. Er ließ sich jedoch auch stark von US-amerikanischen Jazzgitarristen inspirieren und war einer der ersten Sinti, die auf der E-Gitarre spielten. Sohn Lancy entwickelte den eigenen Stil des Vaters weiter.
Seine modernen Jazz-Kompositionen sind weit entfernt von folkloristischen Klischees: „Das Publikum hat oft eine klare Vorstellung, wie unsere Musik sein soll, nur weil wir Sinti sind; doch im Grunde ist das antiziganistisch. Als Jazz-Musiker brauche ich musikalische Freiheit“, betonte er. Neben Kompositionen von Lancy Falta präsentierten die Musiker Stücke der Jazzsängerin Melanie Bong.
Als Tochter eines Sinto und einer ostpreußischen Mutter hat sie ebenfalls Sinti-Wurzeln und schreibt ihre eigenen Lieder.