Swinging Sawallisch

von Redaktion

Scott Hamilton & Friends in Grassau

Grassau – Friends hat er reichlich, der legendäre Saxofonist Scott Hamilton aus Providence, Rhode Island, vor allem unter den Jazzfreunden versteht sich. Doch um einiges intensiver noch unter Seinesgleichen, den Jazzmusikern weltweit, das bekam das Publikum an diesem Sonntagabend zu hören und zu sehen. Der Auftritt des Quintetts hatte etwas Berührendes: vier renommierte süddeutsche Jazz-Profis, jeder von ihnen Dozent oder Professor an einem Konservatorium oder einer Musikhochschule, begleiten einen älteren Herren voller Respekt auf die Bühne der Villa Sawallisch, der das ganz ohne Starallüren sichtlich genießt. Daran hindert ihn auch sein Gehstock nicht, das Knie macht nicht mehr so recht mit, der bequeme Stuhl neben dem Piano ist deshalb für ihn. Als er 1976 mit Anfang 20 in New York bei Benny Goodman oder mit Gerry Mulligan spielte, stand er sicher auf, wenn das Saxofon dran war, doch wer sagt denn, dass ein richtig guter Swing nicht auch im Sitzen geht? Der Beweis kam dann auch gleich mit den ersten Tönen von „The Prophet Speaks“ von Milt Jackson und seinen locker swingende Saxofon-Passagen, eingestreut zwischen die diversen Vibraphon-Soli von Tizian Jost, dem er immer wieder anerkennend zunickte. Und so war es auch beim wunderbar elegischen „Time On My Hands“, bei dem Bernhard Pichl am Piano den Applaus des Meisters entgegennehmen durfte. Scott Hamilton selbst konnte sich anschließend beim Cole Porter Song „In The Still Of The Night“ so richtig ins Zeug legen, doch selbstverständlich boten auch hier wieder alle anderen auf der Bühne ihre musikalischen Kommentare. Die wechselnden Soli gehören schließlich zum Mainstream-Jazz, doch welchen sichtbaren Spaß der große Scott Hamilton, immerhin über zehn Jahre länger auf der Bühne, an den swingenden Auftritten seiner vier Friends on Stage hatte, das war mit Vergnügen zu beobachten und ein verstecktes Highlight des Abends.

Rauchig klingender Slang

Die zwei bisher noch nicht genannten Mitglieder des Quintetts wollen wir nicht vergessen: Rudi Engel am Kontrabass und Michael Keul am Schlagzeug. Mit diesen vier Vollprofis in Sachen Jazz und Swing ist Scott Hamilton schon über zehn Jahre an den verschiedensten Jazz-Schauplätzen unterwegs.

Die erste Ansage zum Programm des Abends kam nach dem Cole Porter-Stück, wobei seine vier „Jungs“ aus Respekt vor dem Meister ihm dafür das Mikro überließen. So war sein rauchig klingendes Amerikanisch zwar nur in den ersten Reihen zu verstehen, aber was macht das schon an einem solchen Abend! König Swing hatte den Konzertsaal und sein Publikum – viel graues Haar – fest im Griff, bei ihm herrschte sichtbar seliges Einverständnis mit den teils bluesigen, teils federnd rhythmischen Klängen, vermutlich verbunden mit Erinnerungen an die Zeiten durchtanzter Nächte, als wir das wir noch konnten, weil wir …. aber lassen wir das, hören wir lieber weiter zu.

Beschwingter Heimweg

Vor der Pause waren noch „Angel Face“ von Hank Jones und „Love You Madly“ von Duke Ellington zu hören. Und danach so wunderschöne Sachen wie „Django“ von John Lewis (zehn Minuten Swingballade mit dominanten Sax), Soul Eyes von Walt Waldron (langsam, eingängig, fast schon cool) oder der soulige Evergreen „Sunny“ aus den Sechzigern; summt da nicht gerade die Sitznachbarin leise mit? Über den Applaus des Abends kann man nur sagen: einträchtig bis absolut begeistert, erst recht bei den Zugaben wie der Ballade „My Funny Valentine“, nur gespielt vom Piano und dem unvergleichlichen Tenorsaxofon des großen Scott Hamilton. Der nahm zum Schluss gerne Komplimente entgegen, sodass sich der Saal an diesem Sonntagabend nur langsam leerte; ein beschwingter Heimweg war den meisten Besuchern sicher, vielleicht auch ein guter Schwung für die nächste Woche.Klaus Bovers

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