Bach klingt immer, auch auf dem Akkordeon

von Redaktion

Die Heilig-Blut-Kirche wird zu einem der „Inntaler Klangräume“

Rosenheim – Bachs „Wohltemperiertes Klavier“, dieses Monsterwerk in zwei Teilen von insgesamt 48 Präludien und Fugen in allen zwölf Tonarten, ist schon vielfach adaptiert worden, für Klavier und Cello oder Violine, für mehrere Saxofone und als Jazzstück, aber auch für Akkordeon: Bach klingt immer! Hans Maier spielte nun auf seinem Akkordeon zehn Präludien und Fugen daraus im Rahmen der von Andreas Legath veranstalteten „Inntaler Klangräume“. Klangraum war diesmal die barocke Kirche von Heilig Blut.

Legath verknüpfte die Akkordeonklänge mit Gesang: Ein Quartett aus Sängern des Chores des Bayerischen Rundfunks (Priska Eser, Kerstin Rosenfeldt, Andreas Hirtreiter, Werner Rollenmüller) sang neun Bach-Choräle, sang sie mit deutlich herausgestellter Polyphonie, sodass man die Wege der vier Stimmen gut verfolgen konnte, wie sie sich verzweigen, sich kontrastiv entfernen und dann doch wieder stimmig zueinander fügen, brachte, wenn’s passte, die expressive Harmonik zum Glühen, führte dramatisch durch harmonische Wechsel zum strahlenden Schluss-Dur, und alle sangen sehr textbetont: So donnerten sie machtvoll das Donnerwort im Choral „O Ewigkeit, du Donnerwort“. Dabei waren sich die Sänger hörbar bewusst, wie gefährdet die Harmonien bei dem unbegleiteten Gesang sind.

Legath hatte die Abfolge sorgfältig gewählt: Zum Beispiel kam der Choral „Ach wie flüchtig“ auf das dahineilende, ja fliehende F-Dur-Präludium mit der darauffolgenden harmonisch schweifenden Fuge. Neugierig konnte man schon sein, wie ein komplexer Klaviersatz rein technisch auf ein Akkordeon gebracht werden kann. Hans Maier zeigte höchste Transparenz der Stimmen, dazu noch deutliche Artikulation der Themen bzw. Melodien, agogische Variationen und dynamische Abschattierungen, konnte einen Orgelton markieren und überhaupt mit der Linken, die ja „nur“ Knöpfe greift, Basslinien ziehen. Auch Engführungen der Fugen und triumphierende Schlüsse waren kein Problem. Am Ende hörte man nicht mehr Akkordeonklänge, man hörte nur noch reinen Bach.

In der Mitte stand die Anrufung des Heiligen Geistes („Komm, heiliger Geist!“), das lateinische „Veni Creator Spiritus“, was auch das Konzert-Motto war: Auch Bach könnte man als „Creator Spiritus“ bezeichnen. Das Konzert endete mit einem Weihnachtslied: „Heut schließt er wieder auf die Tür“, gefolgt von dem Präludium und der Fuge in f-Moll: fröhlich-galant im Präludium und fast tanzend in der Fuge: Bach ist grenzenlos.

RAINER W. JANKA

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