Die Audienz wird zur Therapiestunde

von Redaktion

Rosenheimer Kleinkunsttage „Ludwig II. – Der bayerische Patient“

Rosenheim – König Ludwig II. gab sich posthum die Ehre: Gemeinsam mit dem Psychiater, der ihn einst entmündigen ließ, stand der Märchenkönig im Rahmen der Rosenheimer Kleinkunsttage im Lokschuppen auf der Bühne. Das ebenso unterhaltsame wie lehrreiche Zweipersonenstück „Ludwig II. – Der bayerische Patient“ begeisterte selbst eingefleischte Kinifans.

Einige Plätze bei der Aufführung blieben unbesetzt – schade, denn dieser Programmpunkt der Rosenheimer Kleinkunsttage 2025 hätte ein volles Haus verdient.

Der Abend begann schon vor dem eigentlichen Stück mit einem amüsanten Zwischenfall: Schauspieler Sebastian Schlagenhaufer, der den König verkörperte, hatte sein königliches Schuhwerk vergessen. „Gibt es hier einen Mann mit eleganten Schuhen, Schuhgröße 45, der bereit wäre, dem König seine Schuhe zu leihen?“, fragte Carola Kellner, die künstlerische Leiterin der Kleinkunsttage, ins Publikum. Tatsächlich fand sich ein großzügiger Besucher – und verfolgte die Vorstellung anschließend barfuß.

Bevor sich der Kini dann die Ehre gab, klärte Nervenarzt Bernhard von Gudden (gespielt von Ramon Bessel) zunächst auf, worum es überhaupt geht: Was der König für eine Audienz hält, ist für Gudden eine Therapiesitzung. Im Mittelpunkt steht das bis heute umstrittene Gutachten des Arztes über den Geisteszustand des Monarchen – jenes Dokument, das schließlich zu Ludwigs Entmündigung führte.

Beide Darsteller überzeugten in ihren Rollen: auf der einen Seite der moderne, von Ludwig zuerst selbst hochgeschätzte Mediziner, auf der anderen der skurrile, kunst- und bauversessene Herrscher.

Trotz aller Gegensätze eint sie ein gemeinsames Schicksal – beide fanden am 13. Juni 1886 im Starnberger See den Tod. Bis heute ranken sich um die Geschehnisse jener Nacht zahlreiche Theorien – von Flucht über Unfall bis hin zu Mord.

Doch nicht nur der Tod des Märchenkönigs gibt Rätsel auf. Auch sein Leben, insbesondere seine Beziehungen, bietet reichlich Stoff für Spekulationen. Sebastian Schlagenhaufer hat über 15 Jahre lang für das Stück recherchiert – etwa über Ludwigs Verhältnis zu seiner Cousine Sissi, der Kaiserin von Österreich, oder zu seinem Stallmeister Richard Hornig. Neben menschlichen Verbindungen greift das Stück auch politische Ränkespiele und Kindheitserinnerungen des Königs auf – modern interpretiert und mit viel Wortwitz inszeniert. Selbst überzeugte Ludwig-Verehrer gingen begeistert nach Hause. „Ich hatte ja etwas Angst, was mich da erwartet. Aber ich bin begeistert – sowohl historisch als auch schauspielerisch“, sagte eine Besucherin, die stilecht in einer König-Ludwig-Bluse gekommen war.

Alle Fragen rund um den schillernden Monarchen und seinen Nervenarzt konnte das Theaterstück natürlich nicht beantworten – doch das wäre wohl auch nicht im Sinne des Königs gewesen. Denn wie Ludwig II. einst sagte: „Ein ewig Rätsel will ich bleiben mir und anderen.“Karin Wunsam

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