Gscherte Bayern, simgscheide Preißn

von Redaktion

Ausstellung im Mesnerhaus des Klosters Seeon mit humorvollen Postkarten

Seeon – Googeln Sie mal den Titel „Obacht, Bayern!“ der neuesten Ausstellung im Mesnerhaus des Klosters Seeon. Sie kriegen drei Antworten. „Obacht, Bayern!“ – so nennt Gerold Huber seinen beliebten Podcast im Bayerischen Rundfunk. Mit „Obacht!“ (ohne Bayern) meint der FC Bayern München sein „Awareness-Konzept“. Die Spieler sollen einander achten, aufeinander aufpassen, miteinander statt gegeneinander agieren. Bevor Sie hier einen Einwand haben könnten, erfahren Sie noch, dass „Obacht, Bayern!“ seit neuestem auch ein Buch des Münchner Allitera-Verlags heißt. Damit sind Sie bei der Seeoner Ausstellung.

Dietlind Pedarnig, seit Jahren in der Allitera-Verlagsgeschäftsleitung, stellt mit Bild- und Texttafeln sowie Einzelstücken in Vitrinen ihr ganzes dickes, schweres Buch über die von ihr gesammelten historischen Humor-Postkarten zur Schau. Das Werk liegt auf. Nachgefragt, was es denn koste, kriegt man „neinavierzg Euro“ zur Antwort. Ein stolzer Preis. Da kriegt man aber auch so ziemlich alles Wichtige über Humor-, Scherz- oder Jux-Postkarten, speziell bayerische, serviert. Von einer eloquenten und gebildeten Kennerin. Die bekennt: Wenn es hier ums Bayerische oder Bairische geht, ist durchwegs Oberbayern gemeint.

Pedarnigs Tochter ist insofern wichtig zu nennen, als sie es war, die ihre Mutter davon überzeugen konnte, nicht alle ihre 4000, Sammlerstücke, sondern nur 1700 davon in dem (penibel getexteten) Schinken vorzustellen. Gewidmet hat Frau Pedarnig ihr Werk ihren Enkeln. Und ihrem Vater. Der war wohl auch ein Sammler. Und kannte sich, wie die Tochter, mit Bayern-Klischees aus: Bierkonsum, Schuhplatteln, Bauernschläue, Raufereien. Der Stereotypen sind das noch lange nicht genug. Dazu zählt, wie man sich in der Ausstellung auf die amüsanteste Weise überzeugen kann, zum Beispiel auch der „Dackel in Tracht“, den Paul Otto Engelhard schon vor 120 Jahren erfand. Und sein Geschäft damit machte. Man wird ja nicht fertig mit dem Anschauen, Spiegelvorhalten, Bewundern, Sich-das-Lachen-nicht-verkneifen können. Das klischee-beladenste aller deutschen Bundesländer sei, findet Pedarnig, das südlichste deutsche Bundesland.

Danach ist der Bayer der Depp und der Preiß der Gscheitmeier. Der Depp mandelt sich auf, Zigarre im Mund, Bauch raus, Silbertalerkette auf der Brust, eine Krücke wie einen Bischofsstab in der Linken, das Schnupftuch aus der Jackentasche raushängen lassend und den in Lettern auf ein Band geschriebenen Spruch vorzeigend: „Mit san mir und schreib`n uns: uns“. Das Rufzeichen wurde vergessen. Muss aber bei all diesen Sprüchen stets mitgedacht werden.

Sie wollen am Ende wissen, welche Jux-Karte sie auf keinen Fall übersehen sollten? Nichts lieber und leichter als dies: Die mit der Ziffer 3 bezeichnete. Sie zeigt einen „zur Zugspitze“ hinauf wandernden Flachland-Bewohner aus nördlichen deutschen Gefilden, ausstaffiert wie einer, der aufs Oktoberfest will, mit weißen gestrickten Wadl-Strümpfen und einem Gamsbart-bewehrten Tiroler(!)hut auf dem Kopf. Was er ausdrücken will, steht in roter Handschrift dabei: „Gut ausgerüstet, was? Rückenbeutel, Alpenstange, Gewitterpellerine und Gamspinsel! Nu mal ran an die Berje!“

Nu mal ran, an die Ausstellung! Bis 15. März ist genug Zeit, täglich von 10 bis 12.30 und 13.30 bis 17 Uhr geöffnet, Eintritt frei.

„Die breite Auswahl historischer Humorpostkarten (1870 – 1945) deckt Zusammenhänge von aktueller Brisanz auf.“

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