Mahnung und Hoffnung

von Redaktion

Werke von Andreas Legath in der evangelischen Kirche Großkarolinenfeld

Großkarolinenfeld – Schon immer waren Kirche und Kunst eng miteinander verwoben, jedoch handelte es sich bei den bildlichen Darstellungen Jahrhunderte lang um rein sakrale Kunst. Im Angesicht von Christus am Kreuz und Heiligenbildern beteten und sangen Menschen gemeinsam in friedlicher Gemeinschaft. Dass sich inzwischen zeitgenössische Kunst in Kirchen etablierte, ist noch nicht so lange her. Die evangelische Kirche in Großkarolinenfeld wartet jetzt mit einer beachtlichen Ausstellung des Aiblinger Malers Andreas Legath auf. Vor einigen Tagen wurde die umfassende Renovierung der im Jahr 1822 erbauten Kirche – der ersten evangelischen Bayerns – abgeschlossen. Bereits während der gesamten Renovierungszeit der Karolinenkirche machten sich die Verantwortlichen Gedanken über die künftige Nutzung der Kirche als Veranstaltungsraum.

„Welche Kirchenräume brauchen Menschen heute und in Zukunft? Wie kann diese Kirche unmittelbar in der Mitte des Ortes zu einem Mittelpunkt und attraktiven Begegnungsort werden, auch für Menschen ohne kirchliche Bindung?“, fragte sich Pfarrer Dr. Richard Graupner. So kamen er und seine Mitstreiter auf die Idee, einen kulturellen Treffpunkt mit Gesprächen und Vorträgen, aber auch mit Ausstellungen einzurichten. Nun hängt seit Andreas Legaths Musikveranstaltung „Inntaler Klangräume“ (inzwischen beendet) in dem Kirchenraum eine ergreifende Ausstellung mit Legaths malerischem Werk an den Wänden.

Betritt man die Kirche, sieht man sich in angemessener Entfernung einem Gemälde gegenüber, das in grauen Staubfarben Krieg und Vernichtung darstellt. Zerstörte Häuser mit leeren Fensterhöhlen, Schuttberge, Rauch- und Schmutzwolken, ein schwankendes Kruzifix – all das Elend, das der Mensch anrichten kann, ohne dass er aus der Vergangenheit lernt: „Homo homini lupus est.“ Das Gemälde reicht von der Decke bis zum Fußboden, misst 2,60 Meter mal circa neun Meter und wirkt bedrückend, gerade auch durch seine Größe. Es lässt all die Kriege der vergangenen Jahre vor unseren Augen lebendig werden. Aber acht weitere Gemälde Legaths schmücken den schlichten, wunderbar wieder hergerichteten Kirchenraum. Es sind reine Landschaftsabbildungen, die den friedlichen Aspekt der Welt zeigen – nicht nur friedlich, sondern von Menschenhand weitgehend unberührt. Es handelt sich bei den Darstellungen um die süditalienische Landschaft Basilikata, die aus Steinen, Sand und kargem Bewuchs in Form von Moosen und Flechten besteht. Die Sand- und Steinanhäufungen bilden hohe, spitze Türme, die sich wie Kirchtürme aneinander reihen. Auf langen Wanderungen hat Legath diese Gegend erforscht und verinnerlicht. Seine Fotografien verhalfen ihm Zuhause, diese Landschaft – malen wäre ein zu knapper Begriff – im Bild nachzubauen. Er verwendet Erde, Lehm und Steine, die er von seiner Reise mitgebracht hat und appliziert sie auf die Leinwand.

Zwischendurch stellt er die noch unfertigen Werke im Freien auf, damit Sonne und Regen ihre Arbeit tun. Es entstehen Risse und Schrunden, die den natürlichen Oberflächen ähneln. Dass die Berge weiß sind, liegt am mitverwendeten Lehm, der nach dem Trocknen die weiße Farbe erhält. Ab und zu schaut – vom Künstler beabsichtigt – unbemalte Leinwand hervor, eine weitere Gestaltungskomponente.

Der Einstieg in „Kunst in der Kirche“ ist mit der Renovierung – der schlichte Charakter des Kirchenraums ein idealer Hintergrund – und den eindrucksvollen Bildern von Andreas Legath überzeugend gelungen. Die Ausstellung ist bis Sonntag, 30. November zu sehen. Die Kirche ist über Tag geöffnet.

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