Aschau – Im Rahmen von 150 Jahren Cramer-Klett im Priental werden am Samstag, 8. November, ab 19 Uhr in der Aschauer Pfarrkirche La Banda Vecchia und Tenor Christopher Pregardien zur „Winterreise“ einladen. „Die Winterreise“, ein 24 Lieder umfassender Zyklus von Franz Schubert, wird hier nicht von Klavier, sondern von Bläserquintett und Akkordeon begleitet. Was macht das Besondere dieses Arrangements aus? Für was steht La Banda Vecchia? Und welche Bedeutung hat Kultur in diesen bewegten Zeiten? Ein Gespräch mit dem Sachranger Oboisten Hansjörg Schellenberger, der der Initiator des illustren und hochdekorierten Musikerquintetts La Banda Vecchia ist.
Erst einmal zu Ihnen. Was hat es mit La Banda Vecchia auf sich?
Wir alle sind erfahrene Profimusiker und wollen deutlich machen, dass es mit dem Musizieren und der Leidenschaft für die Musik nach dem Erreichen des offiziellen Pensionsalters noch lange nicht vorbei ist. Ich selbst war 30 Jahre lang erst in Köln, später bei den Berliner Philharmonikern Solo-Oboist, dann Dozent und Dirigent unter anderem beim Okayama Philharmonic Orchestra und bei den Berliner Symphonikern. Andras Adorjan ist ehemaliger Solo-Flötist im BR-Symphonieorchester, Norbert Täubl ist ehemaliger Solo-Klarinettist der Wiener Philharmoniker, Stepan Turnovsky war dort sein Kollege als Solo-Fagottist. Und Stefan de Leval Jezieriski ist ehemaliger hoher Hornist der Berliner Philharmoniker. La Banda Vecchia heißt nicht umsonst so, im Konzert wollen wir unsere langjährige Erfahrung und den gemeinsam zurückgelegten künstlerisch so ergiebigen Weg in diesen Orchestern widerspiegeln. Die Zusammenarbeit mit erfahrenen Kollegen geht aber weit darüber hinaus. Mit dem Organisten Edgar Krapp habe ich beispielsweise mehrfach konzertiert, wir haben kürzlich sogar eine CD aufgenommen. Wir als Quintett haben uns erstmals im vergangenen Winter in Sachrang präsentiert. Umso mehr freuen wir uns nun auf die Zusammenarbeit mit Christopher Pregardien.
Die Winterreise, den Schubertschen Liederzyklus, kennt man mit reiner Klavierbegleitung. Im anstehenden Konzert wird es ein Arrangement für Quintett und Akkordeon und Sänger geben. Eine außergewöhnliche Kombination, oder?
Das Arrangement stammt vom kanadischen Oboisten Normand Forget aus Montreal, der wahrscheinlich auch zum Konzert kommen wird. Unsere Besetzung ist sehr farbenreich und klanglich interessant: So spielt die Flöte auch Piccolo- und Altflöte in G, die Klarinette wird auch in der Bass-Variante erklingen. Ich selbst spiele die Oboe d‘ amore. Allein Fagott und Horn bleiben in ihren Rollen. Und das Akkordeon wird das Werk mit seinen einzigartigen Klängen bereichern. Hans Maier, Professor für Akkordeon in Trossingen, lebt übrigens in Bad Aibling, ihn konnte ich über private Kontakte gewinnen.
Warum die Winterreise?
Die Winterreise ist ein romantisches Ideal, bei dem Text und Musik miteinander verschmelzen. Der Zyklus vertont 24 Gedichte von Wilhelm Müller, thematisiert Verlust, Resignation, Abschied und die Suche nach einer neuen Existenz. In meinen Augen eines der zentralen Werke der romantischen Kultur.
Stichwort Kultur. Sie haben gemeinsam mit Ihrer Frau das Musikforum Sachrang gegründet, überraschen ihr Publikum immer wieder aufs Neue mit wohlfeinen und sorgfältig zusammengestellten Programmen.
Wir wollen mit Musik Menschen erreichen, Musik ist Nahrung für die Seele. Unser Musikforum trägt nicht zu Unrecht die Überschrift Seite an Seite. Junge Künstler musizieren mit erfahreneren Musikern, und es werden sich verstärkt klassische Werke mit zeitgenössischen paaren.
Kultur ist kein Luxus, haben Sie schon in früheren lnterviews betont.
Oh ja. Musik erfordert Respekt und Rücksichtnahme und sollte für alle Schüler obligatorisch sein. Dass Musik, also Kultur, als Luxus erachtet wird, ist falsch und stimmt mich traurig. Und dass in der Kunst, für mich Teil der Kultur, ständig gekürzt wird, ebenso. Denn Kunst ist das, was ich als Mensch mit allen meinen Sinnen erlebe. Kultur fördert das Zusammenleben. Nicht umsonst sprechen wir doch beispielsweise von einer Ess- oder Streit-Kultur oder von einem Kultur-Kreis. Kultur will Menschen zusammenbringen. Umso bedauerlicher, dass es nicht mit einem eigenen Konzertsaal in Sachrang geklappt hat. Dort hätten viele Künstler, aber auch andere Vereine einen Raum gefunden, um sich auszutauschen. Wir Künstler sind nur Dienende, sind Handwerker, wenn sie so wollen.
Was heißt das für Sie in der Zukunft?
Mit der Musik kann und will ich nie aufhören. Und solange ich spielen kann und darf, will ich auch weiter musizieren. Und das gilt auch für meine Musikerfreunde bei La Banda Vecchia. In der Schweiz gibt es übrigens ein Pendant. Dort hat der frühere Hornist Bruno Schneider ein Orchester für pensionierte Berufsmusiker gegründet. Mit der Musik will er etwas zurückgeben, sagt er. Und das gilt auch für mich.
Karten gibt es bei „München Ticket“, über die Tourist Info Aschau, Telefon 08052/90490, Restkarten an der Abendkasse ab 18 Uhr.
Elisabeth Kirchner