Kiefersfelden – Mit dem Programm „Des Basses Grundgewalt“ präsentierten der international gefragte Bass Andreas Hörl und der Pianist Thomas Jagusch einen eindrucksvollen Lieder- und Arienabend im Rahmen der Konzertreihe „Montag und Musik“ in der Dynafit Speed Factory. Auf dem Programm standen ausgewählte Werke von Mozart, Schubert, Loewe und Rossini – ein Repertoire, das sowohl stimmliche Tiefe als auch interpretatorische Vielschichtigkeit verlangte. Das Publikum erlebte ein hochklassiges Konzert, das dem Titel in jeder Hinsicht gerecht wurde.
Gleich zu Beginn zeigte sich mit Mozarts „O Isis und Osiris“ aus „Die Zauberflöte“ die ganze Bandbreite der stimmlichen Gestaltung Andreas Hörls: majestätisch, geerdet, klangvoll – mit geradezu sakraler Ruhe und einer feinen, tragenden Linie, die den feierlichen Charakter der Szene voll zur Geltung brachte.
Auch in der Arie „In diesen heil’gen Hallen“ überzeugte Hörl durch eine stimmliche Noblesse, die ohne Effekthascherei auskam und gerade dadurch berührte. In Osmíns Arie aus der Entführung aus dem Serail hingegen präsentierte sich der Bass in all seiner Wucht und komödiantischen Schlagkraft. Die koloraturreichen Passagen und der abrupte Wechsel zwischen untergründigem Grollen und tänzerischer Leichtigkeit wurden mit Präzision und szenischem Gespür gemeistert – eine Herausforderung, die der Sänger mit technischer Souveränität und augenzwinkernder Bühnenpräsenz meisterte.
Ein ganz anderes Ausdrucksfeld betrat das Duo mit Franz Schuberts „Der Tod und das Mädchen“. Hier wurde aus der Bassstimme ein erzählender Schatten, ruhig, unaufdringlich, aber unnachgiebig. Thomas Jagusch schuf am Klavier ein feinfühliges, fast atmendes Klangbild, das dem inneren Drama des Liedes Raum gab, ohne sich je in den Vordergrund zu drängen. Die Kunst der Reduktion auf das Wesentliche gelang beiden Künstlern eindrucksvoll.
Mit der Arie „La calunnia“ aus Rossinis „Il barbiere di Siviglia“ bot Hörl eine mitreißende Interpretation voller Dynamik, Ironie und vokaler Präzision. Die Steigerung von flüsternder Intrige bis hin zum Ausbruch der verleumderischen Wucht wurde mit dramaturgischem Feinsinn aufgebaut und entlud sich in einem fulminanten Höhepunkt – ganz im Sinne Rossinis. Auch hier agierte Thomas Jagusch am Flügel nicht bloß begleitend, sondern wie ein zweiter Erzähler mit gespannter Energie.
Ein selten zu hörendes Kleinod bildete Carl Loewes Ballade „Die Uhr“ – ein psychologisch dichter Monolog, in dem die tickende Zeit zum Sinnbild eines nahenden Urteils wird. Hier verband sich stimmliche Tiefe mit textlicher Durchdringung, ohne in theatralischen Gestus zu verfallen. Die Spannung, die Hörl und Jagusch aufbauten, blieb bis zum letzten Takt spürbar. Die Auswahl der Werke stellte höchste Anforderungen an Atemführung, Artikulation und klangliche Flexibilität – Anforderungen, denen Hörl mit einer natürlichen Autorität und gestalterischer Klarheit begegnete. Jagusch erwies sich dabei als kongenialer Partner am Klavier: unterstützend, formend, dialogisch.
Volkhard Steffenhagen