Täuschend echt wirkt der Huso (größte Fischart aus der Familie der Störe) aus Gips von Sven Gebert.Foto berger
Prien – Allein schon das Titelbild des Flyers für „Stellner & Schüler“ macht neugierig. Eine Treppe, die nach oben führt. Es zeigt die Treppe hinauf in den ersten Stock im Hoffischerhaus der Berchtesgadener Berufsfachschule für Holzschnitzerei und Schreinerei (BHS): „Die Tür oben führt in Hannes sein ehemaliges Kammerl und rechts geht es in seinen Klassenraum.“
Die Worte von Christoph Merker, Fachlehrer an der BHS und Vorsitzender des Berchtesgadener Künstlerbundes, bei der Eröffnung der Kunstausstellung in der Galerie im Alten Rathaus hallen beim Rundgang durch die Ausstellung nach. Stufen als Ausdruck der zu erlernenden verschiedenen Fertigkeiten, das Geländer, das Halt gibt. Oder braucht es das gar nicht? Die Ausstellung ist eine Hommage für den scheidenden Lehrer Stellner (geb. 1958), am BSH und an der Akademie der Bildenden Künste in München ausgebildet, seit Jahren Mitglied der Künstlergruppe Pink Paradise sowie Sprecher und Kopf der Jury des Priener Kulturfördervereins. Aber mehr noch, es sind auch Oeuvres seiner Schülerinnen und Schüler zu bewundern. Werke, die eine eigene Handschrift tragen, die aber auch von Verbundenheit mit dem Meister und der Schule zeugen. Man möge es der Rezensentin an der Stelle verzeihen, dass sie nicht explizit auf jedes einzelne Oeuvre, geschweige denn auf jeden einzelnen Künstler, eingehen kann. Allein ein paar Namen seien an der Stelle erlaubt. Da ist eine Gebetstrommel von Franziska Brückner, die den vielsagenden Titel „In Bewegung“ trägt. Milan Mulzer, der 2021 mit dem Priener Kunstpreis geehrt wurde, zeigt „Regen fällt in der Welt.“ Ein nach oben weisendes Objekt, ist es Stein, ist es Holz, ist es Keramik? Da ist „Archie,“ einem Mumin nicht unähnlich, eine Plastik, von Susanne Beurer geschaffen.
Ein anderer Raum wird gekrönt von Hirschgeweihen, keine echten Krickerl, sondern aus gelbem Schaumstoff von Stefan Kugelstatter geformt. Golem, eine Statue aus Apfelholz, hat Louis von Stebut geschaffen. „Rovinj“, die Nachbildung der kroatischen Hafenstadt aus Modellbauplatten von Susanne Angerer, lässt Herzen von HO-Eisenbahn-Liebhabern höher schlagen. Drei pinke Smileys aus Epoxidharz von Leon Schuster sorgen für Schmunzeln, während die Gesichter von Valentin Diems Holzschnitten sich eher zu fürchten scheinen. Das Video von Veronika Pfaffinger zeigt „Minimal Gardinger“: Wie kann aus einem begrünten Kreis mehr entstehen? Eine intensive Betrachtung empfiehlt sich bei „Doppelkopf“; zwei Köpfe aus Zwetschgenholz hat Rubi Brockkhausen geschaffen. Sie nehmen sich ausnehmend gut neben dem Kopf mit dem Titel „Schlaf 1“, von Stellner aus Beton gegossen, aus. Wer hat da wen beeinflusst? Sind es Totenmasken oder sind es Gesichter?
Die Titel sollen inspirieren: Was sieht man? Was will man sehen? Man erblickt Gefälliges, Witziges, Gegenständliches und Abstraktes. Entwerfen bedeute, die richtige Form zu finden, hatte Merker in seiner Laudatio noch gesagt. Und dass für Stellner noch vor dem Inhalt die Form stehe. Wer sich in der Ausstellung umsieht, erkennt, wie zutreffend diese Aussage ist. Stellner hat seinen Schülern nicht nur Technik und den Umgang mit unterschiedlichsten Werkmaterialien vermitteln, sondern sie auch auf ihrem Weg zur eigenen künstlerischen Haltung prägen können. Die gemeinsame Ausstellung zeugt vom Miteinander und Verbundenheit, aber auch davon, welch vielfältige Ideen aus dem Machen erwachsen. Nur noch bis zum 9. November geht die Ausstellung „Ein Bildhauer – Eine Haltung – Drei Jahrzehnte Lehre.“