Tilman Spreckelsen. Foto Gelberg
Rosenheim/Stephanskirchen – Der Redakteur, Autor und Herausgeber Tilman Spreckelsen hält am Mittwoch, 19. November, um 19.30 Uhr auf Einladung der Goethe-Gesellschaft Rosenheim im Künstlerhof am Ludwigsplatz einen Vortrag mit dem Titel „Der unbekannte Otfried Preußler“. Der 2013 gestorbene Kinderbuchautor und Schulleiter lebte viele Jahre in Haidholzen, einem Ortsteil von Stephanskirchen. Spreckelsen schrieb die erste vollständige Biografie über Otfried Preußler, die tiefe Einblicke in Leben und Werk des großen Geschichtenerzählers gibt.
Herr Spreckelsen, Sie haben eine umfangreiche Biografie über Otfried Preußler geschrieben. Was hat Sie an dem Autor fasziniert?
Wie viele andere meiner Generation bin ich mit seinen Büchern aufgewachsen. Er ist ein in jeder Hinsicht außergewöhnlicher Kinderbuchautor. Für die Arbeit an der Biografie war für mich besonders spannend, ein Leben zu beleuchten, das für seine Epoche zugleich exemplarisch und besonders ist.
Was macht den großen Erfolg der Bücher Preußlers aus?
Ganz sicher seine Sprache, die aus dem mündlichen Erzählen kommt und noch im Schriftlichen ihren besonderen Ton behält.
Sind seine Bücher nur für Kinder geschrieben?
Otfried Preußler hat auch für ein erwachsenes Publikum geschrieben, zum Beispiel „Die Flucht nach Ägypten“. Aber seine Kinderbücher, allen voran „Die kleine Hexe“, sind so geschrieben, dass auch Erwachsene daran ihre Freude haben werden. Das hilft beim Vorlesen.
Stimmt es, dass Preußler im Buch „Krabat“ auch seine Erlebnisse in der russischen Gefangenschaft verarbeitet hat?
Er selbst hat es eher für die Erfahrung seiner Generation in Anspruch genommen, die „mit der Macht und ihren Verlockungen in Berührung“ gekommen sei und sich darin verstrickt habe. Es gibt aber natürlich Parallelen auch mit der russischen Gefangenschaft: das Gefühl von Ohnmacht, die Erfahrung von Willkür und latenter Todesgefahr …
Wie stehen Sie zu der Namensänderung eines Gymnasiums wegen Preußlers angeblicher Nähe zum Nationalsozialismus?
Das Gymnasium – Lehrer, Eltern, Schüler – hat sich so entschieden, und ich finde, dass man diesen Akt respektieren sollte. Die inhaltlichen Gründe, die für die Umbenennung genannt wurden, überzeugen mich nicht. Es ist eine Frage der Perspektive. Dass Otfried Preußler als junger Mann Anhänger des Nationalsozialismus war, steht außer Frage. Aber auch, dass er nach dem Krieg und der Entlassung aus russischer Gefangenschaft in seinen Büchern, etwa in der „kleinen Hexe“ oder im „Krabat“, ein völlig anderes Menschen- und Gesellschaftsbild vertritt.
Preußler hat auch Aufsätze für Erwachsene geschrieben. Wissen Sie darüber Näheres?
Preußler hat viele Aufsätze für Erwachsene geschrieben und veröffentlicht. Aus seinen Erinnerungen an die Kriegs- und Gefangenenzeit sind dagegen nur kleine Ausschnitte publiziert worden. Das gilt auch für seine sehr interessanten Berichte von Reisen ins östliche Europa.
Was ist Ihr Lieblingsbuch von Preußler?
Das ist eine schwere Frage: Sein Meisterwerk „Krabat“ natürlich, „Die Abenteuer des starken Wanja“, „Die kleine Hexe“, „Der Räuber Hotzenplotz“, „Die Flucht nach Ägypten“ … Und ein weniger bekanntes Werk, das ich aber ganz großartig finde: „Thomas Vogel- schreck“.Georg Füchtner