Herrenchiemsee – Wer auf Kammermusik von höchstem künstlerischem Anspruch versessen ist, kam beim Finalkonzert der diesjährigen „Inselkonzert“-Reihe im Bibliothekssaal des Chorherrenstifts auf Herrenchiemsee voll auf seine Kosten. Geigerin Kate Maloney, Mitglied im Barbican Quartet, Bratschist Christoph Vandory, Mitglied im Goldmund-Quartett, und Pianistin Mona Asuka, die künstlerische Leiterin der „Inselkonzerte“, warteten mit romantischen Werken auf.
Und was sie darboten, war mehr als intensives Zusammenspiel und faszinierende Leidenschaft. Die drei Musiker spielten technisch ungemein souverän, nahmen jeden Ton, jede Phrasierung ernst, aber hatten zugleich auch sichtlich Freude, sich im Zusammenspiel dem Klang und dem Ausdruck hinzugeben. Dass die Werke, anders als vom Komponisten vorgesehen, nicht in der originalen Besetzung erklangen, sondern in der spannenden Kombination aus Geige (eine Violine von Bartolomeo Bimbi von 1767), Bratsche (eine äußerst seltene Viola von Antonio Stradivari) und Steinway-Flügel, machte einen weiteren Reiz dieses Konzerts aus.
Mit Max Bruchs „Acht Stücke für Klarinette, Bratsche und Orchester“ op. 83 schuf das Trio Charakterbilder in bester romantischer Tradition. Gerade in der dargebotenen Trio-Version konnte man bei jedem der drei Instrumente dessen jeweils typische Klangfarbe und Spielweise nachfühlen. Und doch wirkte das Zusammenspiel niemals vordergründig, sondern innig, angenehm schlank und unaufdringlich.
Auf die für Bruch typisch melodisch-harmonische Effektfülle folgten Dmitri Schostakowitschs „Fünf Stücke für zwei Violinen und Klavier.“ Überschrieben mit Präludium, Gavotte, Elegie, Walzer und Polka boten die fantasievollen Stücke wahrlich einen Ausbund an tänzerischer Anmut und Eleganz, an fröhlich-folkloristischem Schwung und sich neckender Rasanz. Es war für das Publikum beglückend, das genießerisch-leidenschaftliche musikalische Zusammenwirken des Trios zu beobachten und sich gleichzeitig der expressiven Fülle der Melodien hinzugeben.
Als finaler Höhepunkt erklang das Horntrio op. 40 von Johannes Brahms‘ in der von Brahms autorisierten Fassung für Geige, Bratsche und Klavier. Maloney, Vandory und Asuka machten das Sehnende und Drängende in der Musik klar strukturiert und doch auch gesanglich elegant erlebbar.
Das reichte vom innigen Allegro über das mal feurige, mal verhalten-zärtliche Scherzo mit melancholischem Wiegenlied im Zentrum hin zum für Gänsehaut sorgenden Adagio mesto. Spannungsgeladen gestaltete das Trio diesen Satz, ehe es zum energiegeladenen, temperamentvollen „Jagd“-Finale, von Hornrufen, hier großartigem Bratschen-marcato, durchzogen, aufging. Was für eine gelungene Interpretation: wachsam im wechselseitigen Fordern und Gewähren, virtuos im Sinne von vielschichtiger Homogenität.
Als Zugabe lud das Trio noch einmal zum Tanz mit Dimitri Schostakowitsch ein. Solch erhebende Kammermusik setzte wahrlich Farbakzente für einen im Grau versinkenden Herbsttag. Man darf sich schon jetzt auf die kommende Saison freuen.
Elisabeth Kirchner