Musikalisches Aquarell von Brasilien

von Redaktion

Der brasilianische Chor Cantus Firmus eröffnete im Kultwerk das Immlinger Winterfestival

Bad Endorf – An so manchem Morgen meint man ihn schon zu riechen, den Schnee – und mit ihm die Vorweihnachtszeit. Das Immling-Festival kann’s offenbar kaum erwarten, denn es hat bereits im Kultwerk im Bad Endorfer Gewerbegebiet sein Winterfestival eröffnet. Bis zum 28. Dezember lockt dort ein attraktives Musiktheater-Programm für Groß und Klein.

Intendant Ludwig Baumann und seine Frau, die musikalische Leiterin Cornelia von Kerssenbrock, steckten bei der Eröffnungsveranstaltung, einem Konzert des brasilianischen Chores Cantus Firmus, gleich die erste Panne locker weg. Nachdem die Gäste aus Brasilien am Bahnhof Freilassing gestrandet waren, wurde kurzerhand ein Reisebus organisiert. Eingesungen wurde sich im Bus, wie man erfuhr, und zum Trost für eine knappe Stunde warten, gab es vom spontan entertainenden Künstlerpaar lustige Geschichten und Anekdoten zum Musikerdasein.

Das freudig angespannte Publikum war also mehr als bereit. Die einzelnen Stücke sagte Chorleiterin Isabela Sekeff vorab in ihrer Muttersprache an – ein Übersetzer tat seine Sache gut, damit der Musikgenuss mit Hintergrundinfo gespickt und so manch interessantem Detail über Land und Leute ankam.

Seit seiner Gründung 1992 blickt der etwa 40-köpfige Chor auf internationale Erfolge zurück, gewann im World Choir Games in Südafrika Gold und beim Grand Prix of Nations in Deutschland Silber. Wer in diesem Konzert saß, wusste, warum. Dieser Chor reißt nicht nur mit, er betreibt eine Art Völkerverständigung. So war bald die Sonne und das Lebensgefühl Brasiliens ins novembertrübe Oberbayern geholt. Mit dem Vortrag von „Aquarela do Brasil“ (Deutsch: „Aquarell von Brasilien“), dem ikonischen Lied, das 1939 von Ary Barroso komponiert wurde, bekamen die Zuhörer zu hören, wie sich brasilianische Lebensfreude anfühlt. Der Musiker Gilberto Gil ist in Brasilien eine lebende Legende. Im Kultwerk gab es zwei seiner populärsten Stücke zu hören: „Eu Vim da Bahia“ und „Domingo no Parque“ („Sonntags im Park“). Letzteres passte wie die Faust aufs Aug‘ zum Immling-Festival, thematisiert es doch die Ingredienzen großer Oper: Eine dramatische Liebesgeschichte, auf Eifersucht folgt Zoff und am Ende sind alle tot. Zugegeben, diese brasilianischen Mitbringsel kamen besonders gut an, wenn auch der Chor mit Werken aus anderen Musikrichtungen die große Bandbreite seines Könnens unter Beweis stellte. Da wurde einem bei Mozarts Ave Verum und einem gefühlvoll vorgetragenen Ave-Maria von Josu Elberdin warm ums Herz. Ein weiterer Höhepunkt war das Gloria aus einer afro-brasilianischen Messe, die „Missa Afro Brasileira“ von Carlos Alberto Pinto Fonseca, die eine klanggewaltige Verschmelzung katholischer Liturgie mit afro-brasilianischer Rhythmik und Gesangstradition darstellt. Ein großartiger Auftakt für das Winterfestival und bei so viel sonnigen Gefühlen und warmen Begegnungen wird es wohl der Winter nicht leicht haben. Mit dem nordamerikanischen Spiritual „My soul’s been anchored“ klatschten die Gäste mit. Von Kälte keine Spur, dafür gleich dreimal Barrosos Hymne „Aquarela do Brasil“ und ein eifrig tanzendes Publikum.Kirsten Benekam

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