Ramsau – Die „Wellbappn“ traten beim Fichters in Ramsau auf. Zur Freude des Veranstalters, des Vereins „Kulturladen Ramsau“, war der Saal voll besetzt. Die Besucher erlebten ein heiteres wie hintersinniges Konzert, bei dem man gut aufpassen musste, um die in hoher Geschwindigkeit aufeinanderfolgenden Pointen auch alle mitzubekommen.
Musikalische Vielfalt
auf der Bühne
Der Abend zeigte einmal mehr, dass die Familie Well für eine große musikalisch-instrumentelle Bandbreite steht. Sarah Well und ihr Vater Hans haben mit Komalé Akakpo einen kongenialen Partner gefunden, insbesondere an Hackbrett und Kontrabass.
Schon sein Name verrät, dass er keine urbayerischen Wurzeln hat – denn er kommt aus Schwaben, wie Hans Well verriet. So manches, dargeboten mit lebendiger Mimik, erfuhr mehr als eine ironische Brechung. Ein Tennessee-Hillbilly-Sound oder ein Tango mit Hackbrett hatte dabei seinen ganz eigenen Reiz.
Da mehrere Generationen auf der Bühne standen, war der Titel des Programms naheliegend: „Jugendwahn und Altersstarrsinn“. Dementsprechend gab es satirisch-bissige Blicke aus unterschiedlichen Altersperspektiven auf die großen und kleinen Tücken des Alltags, aber auch auf die Untiefen oder Abgründe der lokalen, bayerisch-regionalen und der ganz großen Politik.
Schon das Einstiegslied verriet, dass die Künstler ihre Hausaufgaben sorgsam gemacht hatten, denn die Gastgebergemeinde mit ihren finanziellen und sonstigen Kalamitäten wurde genüsslich durch den Kakao gezogen. Gut, dass die erfolgreichen Eisstockschützen die Ehre der Gemeinde retten konnten. Damit war der Saal natürlich gleich gewonnen.
Auch die Tücken der Digitalisierung durften nicht fehlen. Entsprechend erklang ein Hilferuf von Komalé an den Hausherrn: „Christian, ich brauch den WLAN-Code für mein Glockenspiel!“ Wie gut, dass hier die flächendeckende Ausstattung des Kindergartens mit Smartphones die früherzieherische Rundumlösung brachte, inklusive der kleinen Anita, der es gelang, mit einem perfekten Hack die Lieferando-Eislieferung für den Nachbarkindergarten zum eigenen umzuleiten.
Immer wieder gab es auch kalauernden Wortwitz auf Bairisch und Hochdeutsch, beispielsweise mit dem Begriff „Rastafahndung“. Schließlich ist der Name „Wellbappn“ für dieses Musikkabarett-Trio Programm. Ein gutes Gespür für den wortkombinatorischen Erfindungsreichtum der deutschen Sprache zeigte sich zum Beispiel beim Song „Schienenersatzverkehr“, von dem offenbar auch alle Anwesenden ein Lied zu singen wussten. Der Saal stimmte sofort geschlossen in den Refrain ein, zur Freude Wells: „Wird scho!“, ermunterten sie das Publikum.
Nachdenkliche Töne
zum Abschluss
Heute ist vieles anders als früher, oder um es mit dem auf die Vergangenheit zurückblickenden Hans Well zu sagen: „Es war so ähnlich, wie es heut nicht ist.“ Am Ende wurde es sogar nachdenklich ernst, denn Well konnte nicht umhin festzustellen, dass sich manche Dinge, von denen man geglaubt hatte, sie seien unveränderlich und sicher, inzwischen nicht mehr selbstverständlich sind, ob hierzulande oder in Amerika. Dass die Stabilität von Demokratie und Freiheit den „Wellbappn“ ein zentrales und echtes Anliegen ist und deren aktuelle Gefährdungen daher Sorge bereiten, war den ganzen Abend hindurch spürbar. Den Abschluss bildete daher eine entsprechend modifizierte „wellsche“ Europahymne. Mit diesem Impuls gingen die zahlreichen Zuhörer am Ende nachdenklich nach Hause.
Eine noch größere Zuhörerzahl würde sich der Ramsauer Kulturverein auch für das Adventskonzert von „Goldmund“ am Abend des 4. Dezember in der dortigen Loretokirche wünschen, denn es soll eine vielseitige und ganz besondere Einstimmung auf Weihnachten sein (Karten unter www.fichters-tickets.de).