Prien – Gleich drei Klassiker standen auf dem Programm des Chiemgau-Orchesters (CHO) beim diesjährigen Herbstkonzert im König-Ludwig-Saal. Ein anspruchsvolles Programm, das viel Sitzfleisch erforderte. Aber fürwahr ein Genuss, soviel sei schon jetzt verraten – auch wenn Dirigent Matthias Linke dafür bisweilen streng und vehement den Taktstock einsetzen musste.
Den Auftakt machte Maurice Ravels „Bolero“. Valentin Holzner kam – wie schon beim Konzert vor drei Jahren – die Aufgabe zu, 169-mal den sich wiederholenden gleichen Rhythmus mit den berühmten Triolen zu trommeln. Chapeau für sein stoisches Trommeln, dieses Mal sogar direkt vorne am Bühnenrand, und Chapeau an das Orchester, das mit den zwei sich abwechselnden exotischen Melodien über 16 Minunten lang zauberte – vom Solo der Flöte bis zur vollen, lautstarken Orchester-Besetzung samt seinem abrupten Abbruch auf dem Höhepunkt.
Beim Konzert für Harfe und Orchester op. 74 von Reinhold Glière, ebenfalls ein Klassiker, durfte Harfenistin Verena Meurers-Zeiser die Solo-Rolle einnehmen. Beeindruckend, wie sie die schwierigen Läufe und Akkorde regelrecht zelebrierte. Sei es in der Solokadenz des ersten Satzes mit Glissandi und arpeggierten Akkorden oder der Farbreichtum der Harfe im variantenreichen Andante im Dialog mit dem Orchester.
Höhepunkt war das fröhliche, russisch-folkloristisch geprägte Finale, bei dem sich Harfe und Orchester die Vorgabe des Komponisten, ein allegro giocoso, wahrlich zu Herzen nahmen. Das Publikum durfte hier spätromantische verklärte Folklore im üppigen Gewand erleben.
Als Zugabe gab Meurers-Zeiser eine „Prélude“ von Sergei Prokofiev zum Besten, bei der sie noch einmal ihr ganzes Können mit Leichtigkeit und Esprit zur Schau stellen konnte.
Nach der Pause stand ein weiterer Klassiker auf dem Programm. Ludwig van Beethovens „Eroica,“ 3. Sinfonie in Es-Dur, op 55, die zu Lebzeiten des Komponisten als zu lang, zu widersprüchlich und zu komplex galt, wie Orchestersprecherin Christine Böhm in ihrer Anmoderation schon vorab gesagt hatte. Und doch ist gerade die auskomponierte Widersprüchlichkeit von heiter und heroisch das Reizvolle. Dirigent Linke folgte dem oft rasenden Puls Beethovens, wusste aber auch im zweiten Satz mit dem Trauermarsch ein maßvolles Tempo anzuschlagen, so dass sich die Wucht der Eroica entfalten konnte. Durchgehend großartig präsentierten sich Bläser und Schlagwerk.
Den Streichern hätte man allerdings mehr Verve, insbesondere beim Scherzo, gewünscht, und doch darf man als Gesamteindruck festhalten: ein gut einstudiertes Orchester, das im Finale mit dem allegro molto über sich hinauswuchs.
Als Zugabe gab es einen weiteren Klassiker. CHO und Harfe boten tänzerisch-wiegend den „Blumenwalzer“ aus Pjotr Tschaikowskis Ballett „Der Nussknacker“ dar. Satte und doch luftige Klänge, die die Zuhörer trotz des langen Programms beschwingt in die kühle November-Nacht entließen.