Traunstein – Seit er den Vorsitz des Kunstvereins Traunstein 2014 übernommen hat, hat Herbert Stahl viele Künstlerkollegen ermutigt und den Verein so zu neuer Blüte und Ausdruckskraft gebracht. In seinen eigenen Werken hat sich Stahl immer wieder auch als kritischer Beobachter des Zeitgeistes erwiesen und dies in seinen Arbeiten thematisiert. Als stillen, sensiblen und vielseitigen Beobachter des Kunstbetriebs kann man ihn in einer aktuellen Ausstellung der städtischen Galerie im Kulturforum Klosterkirche kennenlernen. Noch bis 21. Dezember zeigt Stahl dort unter dem Titel „Entdeckungen in Räumen der Kunst“ Fotoarbeiten, die zwischen 2009 und 2025 in verschiedenen Museen und Ausstellungsorten entstanden sind.
Stahl erweist sich dabei als Flaneur mit geschultem Auge. Mal lässt er in seinen Fotos den ästhetischen Dialog zwischen der Architektur, den ausgestellten Kunstwerken und den Wirkungen des Lichts anklingen. Mal bringt er die Zwiesprache zwischen Ausstellungsbesuchern und Ausstellungsräumen zum Ausdruck. Ein anderes Mal macht er den inhaltlichen Diskurs der Werke selbst zum Thema.
Etwa, wenn er auf einer Fotowand Fotoeindrücke von einer Arbeit der mexikanischen Künstlerin Teresa Margolles zeigt, die 2009 auf der Biennale der Kunst in Venedig zu sehen war. In ihrer Rauminstallation „Worüber könnten wir sonst reden“ geht die Mexikanerin an die Grenze des Darstellbaren und der Kunst. Mit Verweis auf die Gewaltkriminalität in ihrem Heimatland verwendet sie etwa Materialien wie die vom Blut der Opfer getränkte Erde, Glassplitter, Dokumente mit schriftlichen Todesdrohungen oder Leichenwaschwasser. Die Präsentation in einem edlen venezianischen Palazzo erhöht dabei nochmal die Durchschlagswucht des Themas.
Dass der Chieminger sich auch mit den großen Umwälzungen der Gegenwart beschäftigt, hat er heuer bereits an anderer Stelle gezeigt. Etwa in Fotos vom neugestalteten Maxplatz, die er mithilfe von künstlicher Intelligenz verfremdet und variiert hat. In der aktuellen Ausstellung geht Stahl mit technischer Unterstützung seines Künstlerkollegen Uli Reiter noch einen Schritt weiter. In einem HD-Video lässt er eine Diashow mit eigenen Fotos von der Installation „Threshold“ des chilenischen Künstlers Ivan Navarro höchst lebendig werden. Besucher spazieren in Zoomfahrten wie schattenhafte Schemen durch farbige Leuchtrahmen. Ein höchst faszinierendes Experiment.
Dass Ausstellungsräume mit Kunst inspirierende Orte sein können, zeigen Stahls Fotografien verschiedener Museumswelten. Das Spiel mit Architekturformen, Leere, Raum und Licht spricht in Impressionen aus der Münchner Pinakothek der Moderne, der Berlinischen Galerie, dem Museum für moderne Kunst in Wien oder dem Kolumba-Museum in Köln an. Axel Effner