Kiefersfelden – Mit dem „Trio élégiaque Nr. 2 d-Moll“ von Sergej Rachmaninow bot das Clemente-Trio bei Montag und Musik in der Dynafit-Speed-Factory einen jener Konzertabende, an denen musikalische Tiefe und technische Brillanz vollkommen zur Deckung kommen. Vor ausverkauftem Haus spannten die Musiker – Peter Clemente (Violine), Konstantin Pfiz (Violoncello) und Paul Rivinius (Klavier) – in Rachmaninows monumentalem Werk über 50 Minuten hinweg einen dichten, dramatischen Bogen – und wurden dafür vom Publikum mit lang anhaltendem Applaus gefeiert.
Rachmaninow schrieb das Trio in den Monaten nach dem Tod seines Mentors Pjotr Tschaikowski und widmete es ihm mit den Worten „In Memory of a Great Artist“. Gleich im ersten Satz gestaltete das Clemente-Trio das Hauptthema – dunkel, kantabel, aus dem Klavier herauswachsend – mit einer fast atmenden Natürlichkeit. Paul Rivinius legte mit seinem orchestralen, dennoch transparenten Spiel ein tragfähiges Fundament, auf dem Violine und Cello geschmeidig aufbauten. Peter Clemente und Konstantin Pfiz zeigten dabei ihre große gestalterische Reife: Ihre langen Kantilenen verbanden sich zu einem innerlich leuchtenden Dialog, der Schmerz, Erinnerung und klangliche Eleganz in sich vereinte.
Die Variationen des zweiten Satzes, berüchtigt für ihre rhythmischen Feinheiten und schnellen Wechsel, meisterte das Trio mit frappierender Präzision. Die klavierdominanten Passagen, fordernd in Virtuosität und Strukturarbeit, gelangen Rivinius mit souveräner Leichtigkeit. Besonders beeindruckend war, wie die Streicher nicht nur mithielten, sondern in dialogischer Spannung stets präsent blieben. Die Pizzicato-Stellen in Cello und Violine, oft rhythmisch verzahnt mit bewegtem Klaviersatz, gehören zu den tückischsten Momenten des Werks. Das Clemente-Trio präsentierte sie gestochen scharf, mit klarer Artikulation, klanglichem Feingefühl und ohne jeden klanglichen Bruch. Besonders im finalen Satz (Allegro risoluto) ließ das Trio nochmals seine ganze interpretatorische Bandbreite aufleuchten: entschlossen, kontrastreich, mit souveräner Ruhe in der dramatischen Entfaltung und einer Klangdichte, die nie ins Überzeichnete abglitt.
Die anspruchsvolle Architektur des Werkes verlangt eine enge Verzahnung aller Stimmen – und genau diese beherrscht das Clemente-Trio wie nur wenige Ensembles. Dynamik, Zeitmaß, Klangbalance: Alles war durchdacht, aber nie überladen, präzise, aber nie starr.
Eröffnet wurde das Konzert mit Mozarts Divertimento KV 254, das – wenngleich leichter im Tonfall – ebenso fein und klangbewusst musiziert wurde. Die klare Linienführung im Allegro, die empfindsame Ruhe im Adagio und die elegante Verspieltheit des Rondos bezeugten die stilistische Bandbreite und die Fähigkeit des Ensembles, sich jedem Werk mit höchstem Anspruch zu nähern. Doch es war Rachmaninows tief empfundenes Trio, das den Saal schließlich in atemloser Spannung hielt – und dem Abend seine nachhaltige Wirkung verlieh.
Volkhard Steffenhagen