Rosenheim – Das Adventssingen des Trachtenvereins 1 Stamm Rosenheim ist immer stimmig und authentisch, das diesjährige – es ist das 57. – war atmosphärisch besonders: herb und herzlich. Monika Fackeldey, die immer das Programm zusammenstellt, hatte drei Instrumental- und zwei Sänger-Ensembles eingeladen, die in ihrer Disparatheit besonders gut zusammenpassten. Die Zuhörer, die die Klosterkirche St. Sebastian zur Gänze füllten, lauschten mitfühlend andächtig.
Herb und herzlich
wie der Advent
Nicht die weihnachtsbäckereiliche Süßlichkeit, sondern die adventliche Herbheit betonte immer wieder der Sprecher Franz Grießl: „Advent ist unser Thema – nicht Weihnachten!“ Advent bedeute, zur Krippe hineinschauen dürfen. Und: „Die größte Offenbarung ist die Stille!“ Die Stille, die in den volksmusikalischen Adventsliedern herrscht.
Grießl sinnierte über die Reaktion Marias bei der Botschaft des Engels Gabriels und über die Rolle von Joseph, der „als fünftes Radl am Gefährt der Heilsgeschichte mitrollt“. Er berichtete auch vom Brauch des Adventssingens im Alpenland, das zur Verkürzung der langen dunklen Abende diente, und vom Anklöpfeln: Sänger zogen von Haus zu Haus und sangen Adventslieder.
Als solche Anklöpfler mit Lodenmänteln, Hüten und Laternen zeigte sich anfangs auch der gstandene Männer-Dreigsang aus Obertaufkirchen im Landkreis Mühldorf mit dem lustigen Namen „3 Xang z‘Viert“ – weil eine Frau dazu Zither spielt. Kernig, aber doch männlich-innig mit unveredelten Stimmen brachten sie „Mei Liachtal“ mit, eine recht liebliche Melodie aus dem Bayerischen Wald, deren letzte Strophe sie summten. Den Hirtengesang „Jetzt is da raue Winter do“ sangen sie mit angerauten Stimmen, versprachen dann „Jetzt kimmt die heilige Weihnachtszeit“ und sanken ins andachtsvoll-samtene Pianissimo beim bekannten „Es wird scho glei dumpa“, wobei sie aber immer ein bisschen detonierten.
Die Sunnaukirchner Sängerinnen kommen aus der Feilnbacher Gegend, ihr Name setzt sich aus den Herkunftsorten Sunnawiachs (Sonnenwiechs), Au und Mittenkirchen zusammen. Klar, rein und mit schönem Kopfklang im Sopran ist ihr Gesang, zu dem die Altistin die Harfe spielt. Mit dem steirischen Lied „Is finster draußd, is koit und staad“ stimmten sie in die Herbheit des dunklen Advent mit ein, „Ein‘ große Freud verkünd‘ ich Euch“ sangen sie so schlicht wie arios und forderten darin herzhaft: „O Christ, wach auf!“, glaubensfest versprachen sie „Werst mi trösten, werst mi tragn“ in dem kärntnerischen Lied „Wo is denn im Schnee noch a Wegerl zu dir?“ von Glawischnig/Mittergradnegger. Auch hier ist wieder die adventliche Dunkelheit besungen.
Die Sängerinnen hatten auch das letzte Wort mit dem schon ikonisch gewordenen Adventslied von Lorenz Maierhofer „Advent is a Leuchten“, das mit seinen Moll-Akkorden die adventliche Herbheit ausdrückt.
Die Herzlichkeit kam dann von den Instrumentalgruppen. Ein Quartett der Frasdorfer Tanzlmusi blies volltönend, sacht dröhnend und reintönig von der Empore herunter feierlich getragene, aber auch froh stimmende Weisen. Der Vollholz-Klang vom gastgebenden Trachtenverein mit Monika Fackeldey an einer der beiden Ziach, Gitarre und Kontrabass bot dynamisch fein abschattierte ruhige Klänge in Stubnmusi-Atmosphäre: den gemütvollen Leonardi-Walzer sowie eine „Abendstimmung“ im Walzer-Rhythmus, den sonst gesungenen „Güldenen Rosenkranz“ instrumental breit ausgemalt und dann den „Vorderalm-Jodler“ mit sachtem Beginn bis zur stetigen Endsteigerung.
Mit allem,
was Saiten hat
Das Ensemble „Saitentanz“ aus Fischbachau besteht aus allem, was Saiten hat: Harfe, Gitarre, Zither, Hackbrett und Kontrabass. Damit entwickelten sie einen fast rauschhaften Klang wie ein ganzes Saitenorchester. Ihr Stückl „Blauer Himmel“ gefiel mit reizvoller Harmonik und einem Bass, der wie ein Cello gestrichen war, und ein „Andante“ klang süß wie ein Stück von Mozart. „Suche den Frieden und jage ihm nach!“ zitierte Franz Grießl aus dem Psalm 34, und wie als Antwort sangen in „Advent is a Leuchten“ die Sunnaukirchner Sängerinnen: „Machts Frieden und tuats eich vertragn!“ Endgültiger Adventsfrieden senkte sich über alle, als der gemeinsam gesungene Andachtsjodler das Adventssingen beendete.