Und „Erda“ ruht im Vorgarten

von Redaktion

Ein Besuch im Atelier von Antje Tesche-Mentzen in Hafendorf

Söchtenau – Für die Künstlerin Antje Tesche-Mentzen ist Kunst eine Mischung aus Geist und Handwerk, und dieser kreative Geist scheint über ihrem Zuhause in Hafendorf, einem kleinen Weiler bei Schwabering, zu schweben. Zum offenen Atelier hat die gebürtige Kielerin eingeladen. Vor dem Haus ruht Erda, eine überfrau große Bronze-Statue, hinter dem Haus haben sich „Gaia“, die „Königin der Nacht“, „Lilith“, die mythische Mondgöttin mit Flügeln aus der sumerischen Dämonologie, „Das hohe Lied der Liebe“ und viele andere Bronze-Figuren versammelt. Im Erdgeschoss warten weitere Kunstwerke.

Die Künstlerin, ausgebildete Balletttänzerin, Sängerin und Pianistin, Bildhauerin und Malerin, zeigt auf ihre neuesten Oeuvres. Sie wolle ihre Bilder und ihre Skulpturen zusammenbringen.

Während des Schaffensvorgangs höre sie Musik, lasse sich von den Tönen inspirieren. Inspiriert von der Oper „Le divin Poème“ von Alexander Scriabin hat sie beispielsweise „Orpheus“, ein bronze-schimmerndes männliches Antlitz, in eine gedruckte Leinwand gegossen, die von der Farbauswahl an einen dramatischen Sonnenuntergang erinnert. Beim „Das Rad der Fortuna“ grüßt Carl Orff. Auf einer Staffelei steht die „Weltenseele“, ein anmutiges Frauenantlitz, bronzen-golden schimmernd, eingebettet in eine gelb-grün irisierende Wellenlandschaft. Es sind Narrative, die mehr sind als nur Malerei, sie erzählen von Musik und Lyrik, von Sagen, Mythen und Götterepen.

Für Antje Tesche-Mentzen sind Malerei, Bildhauerei und Musik eine Symbiose. Ihre Stilmittel sind nicht minder vielfältig: Sie malt mit Tusche, Acryl, Bleistift und Öl, arbeitet mit Glas, Keramik und Bronze. Das Atelier legt Zeugnis über die außergewöhnliche Schaffenskraft der Künstlerin ab, die unter anderem in Brüssel, Paris, Venedig, Florenz, New York und Peking ausstellt.

Da steht mitten im Raum „Baumkleid“, ein Kleid im Baumstamm, von Licht durchwirkt, eine Vereinigung von Mensch, Natur und Technik. Da stapeln sich Blumenbilder, die über die Jahre entstanden sind und die ausdrücken, was ihr wichtig ist: „Kunst ist für mich nicht nur ein Spiel von Form und Farbe.“ Da sind Tuschezeichnungen, in denen sie Eindrücke aus Venedig, Rom, Florenz, Granada, China und anderen asiatischen Ländern stimmungsvoll in Schwarz-Weiß festgehalten hat. Ausliegende Bücher dokumentieren ihre verschiedenen Ausstellungen, Kalender zeigen ihre Aquarellbilder, Keramik- und Bronze-Arbeiten. Kleinformatige Bilder und Skizzenbücher, die sie auf ihren vielen Reisen mit Impressionen gefüllt hat, zeugen von ihrer Reiselust.

Im ersten Stock – einem offenen Atelier mit überwinternden Pflanzen – darf man ebenfalls von einer Überfülle sprechen. Dort kann man sich in einem übergroßen Bild mit einem Motiv aus Venedig verlieren. Wasserspiegelungen fangen hier die mediterran-gelben und grünen Häuserfassaden ein. Quer durch den Raum sind Blumen- und Landschaftsbilder in Öl, poetisch angehauchte Acrylbilder, Bronzeskulpturen und Keramikfiguren verteilt. In den Fenstern kann man Glaskunst bewundern.

Doch dann lockt Klaviermusik – die Pianistin Katerina Antonova spielt Bach, Chopin, Scriabin und weitere Klassiker. Inspiriert von der Kunst und mit der Kunst im Raum quasi eins werdend.

Auch für Antje Tesche-Mentzen ist das Klavier Lebensinhalt. Sie kann sich über Musik, Kunst und Literatur auslassen, über ihre Kunstwerke erzählen und für ihre kommenden Ausstellungen in Prien, Traunstein und Venedig werben – und versteht es gleichzeitig, Gäste willkommen zu heißen und zu bewirten. „Ich bin sehr aktiv“, sagt sie selbst über sich. Ein Leben für und mit der Kunst. Vielleicht ist es dieser kreative Geist, der sie beflügelt.

Elisabeth Kirchner

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