Rosenheim – Manchmal spürt ein Publikum schon, bevor ein Abend überhaupt beginnt, dass etwas Besonderes bevorsteht. So auch an diesem Abend im voll besetzten Kultur- und Kongresszentrum: Noch bevor Anna Loos und Jan Josef Liefers das erste Wort sprachen, brach Applaus aus. Kein höflicher Begrüßungsapplaus, sondern jener spontane, freudige Jubel, der entsteht, wenn ein Saal in gemeinsamer Vorfreude pulsiert.
Szenen einer Ehe,
statt Lesung
Das Schauspielerehepaar präsentierte Nick Hornbys Beziehungskomödie „Keiner hat gesagt, dass du ausziehen sollst“ nicht als herkömmliche Lesung, sondern als feinsinniges, pointensicheres Zweipersonenstück. Das Buch blieb zwar stets sichtbar in den Händen, doch nur wenige Zeilen wurden tatsächlich daraus vorgelesen. Stattdessen entwickelten Loos und Liefers eine lebendige, dialogische Form des Erzählens – ein Wechselspiel aus Humor, Verletzlichkeit und präziser Beobachtungsgabe.
Gleich zu Beginn setzte Liefers als Tom den Ton, der den Abend trug: „Ehe ist doch ein Marathon.“ Ein Satz, der in seiner Alltäglichkeit komisch wirkt – und gleichzeitig die ganze Wahrheit einer langjährigen Beziehung auf die Bühne holte. Als er später seine missliche Lage mit den Worten beschrieb: „Ich bin Usain Bolt mit Leistenzerrung“, lachte der Saal schallend. Es ist dieses feine Komödien-Timing, das Hornbys Text so dankbar macht – und das die beiden mit sichtlicher Lust auskosteten.
Dabei standen sich Loos und Liefers in nichts nach. Loos begegnete mit gleicher Präsenz, gleicher spielerischer Energie, derselben Treffsicherheit in Ironie und Zwischentönen. Ihre Louise hatte Wärme, Wut, Witz und weiche Momente, und Loos verkörperte all das mit einer Natürlichkeit, die den Abend erdete. Liefers wiederum brillierte in seiner Mischung aus Selbstironie und feinem Understatement. Besonders berührend: der musikalische Moment, als die beiden gemeinsam den Song „If I Needed You“ sangen. Liefers an der Gitarre, Loos mit einer klaren, warmen, fast schwebenden Stimme. Für einen Augenblick senkte sich eine dichte Stille über den Saal, jene stille Aufmerksamkeit, die man nicht herbeizwingen kann. Dieser Song war kein Zusatz, kein Fremdkörper – er wirkte wie ein poetischer Kommentar auf die Beziehungen, von denen sie erzählten: fragil, schön, ehrlich.
Urkomisch
und berührend
Dass die beiden nicht gegeneinander spielen, sondern miteinander, war das große Geschenk des Abends. Ihre Dynamik lebte nicht vom Kontrast, sondern vom Gleichklang. Wie zwei Musiker, die dieselbe Melodie aus unterschiedlichen Richtungen anstimmen, ohne je den gemeinsamen Ton zu verlieren. Was blieb, war das Gefühl, eine Beziehungsgeschichte gesehen zu haben, die zugleich urkomisch und erschütternd wahr war. Ein Abend, der Herzen öffnete, ohne kitschig zu werden. Der zum Lachen reizte, ohne zu verhöhnen. Der zeigte, dass Humor und Liebe oft aus derselben Quelle fließen. Ein großer, ehrlicher, hell leuchtender Kulturabend.