Frauenchiemsee – „Gloria sei dir gesungen“: Himmlische Freude, Engelchöre und ewige Jubilation – der abschließende Choral aus Johann Sebastian Bachs berühmter Kantate BWV 140 „Wachet auf, ruft uns die Stimme“ spiegelt ein musikalisches Bild des himmlischen Jerusalem wider. Dieser freudige Gottesruf ließ die Konzertbesucher des von Andrea Wittmann geleiteten Adventskonzert im Münster Frauenwörth, alles Oberflächliche vergessen. Die vier Solisten bewiesen in ihrem hingebungsvollen Gesang, dass es gar nicht viel braucht, um Menschen glücklich zu machen.
Im Münster herrschte andächtige Stille. Kein Räuspern, kein Husten. In ausgewogener Klangbalance übermittelten Andrea Wittmann (Alt), Viviana Wittmann (Mezzosopran), Stefan Schlögl (Tenor), Daniel Hinterberger (Bariton) den Text mit Wärme und Intensität, sodass die Botschaft unmittelbar berührte. Eingehüllt in dieses Wohlgefühl, durchdrang die Orgel die Stille – dazu, ein kraftvoll und zugleich innig bewegtes Bariton-Solo (Daniel Hinterberger) von der Empore: „Großer Herr, O Starker König“ aus Bachs Weihnachtsoratorium – ein Genuss.
Nicht weniger beliebt ist Bachs berühmte Air aus der Orchestersuite Nr. 3 D-Dur (BWV 1068), die in diesem Konzert in ungewöhnlicher Besetzung erklang: Kilian Ecker (Cello) und Tim Bosch (Diatonische Harmonika) verliehen ihm in ihrer Interpretation eine fast kammermusikalische Intimität, die dem Stück, das durch Schlichtheit und innere Ruhe lebt, guttat. Dem Konzerttitel „Musik, die innerlich berührt“ wurden auch die beiden Ave-Maria gerecht: In der Cembalobegleitung ihrer Mutter, begeisterte Viviana Wittmann in Giulio Caccinis Ave-Maria mit zartem und trotzdem durchdringenden Mezzosopran – ein angenehm samtiges Timbre, das in diesem Fall, die Reinheit eines Gebets zu übermitteln vermochte. Eine Ohrenweide auch Schuberts Ave-Maria (Sopran, Tenor und Orgel) – ein geistliches Zwiegespräch, dessen spirituelle Basis von der Orgel getragen wird. Ungewöhnlich, dass im altehrwürdigen Münster zwischen den Werken applaudiert wird. In diesem Konzert, so schien es, wollten sich die Zuhörer nicht zurückhalten.
Zum Programm passte durchaus auch moderne Werke, etwa „Oblivion,“ ein Tango Nuevo von Astor Piazzolla oder „Salut d’amour“, die romantische Salonmusik von Edward Elgar – zumal die Instrumentierung (Cello und Harmonika) allein schon spannend war und sich die jungen Virtuosen für ihre gelungenen Arrangements einen extra Applaus verdient hatten.
Vom pastoralen Duett „Er weidet seine Herde“ aus Händels Messias (Tenor, Bariton und Cembalo) bis Felix Mendelssohn Bartholdys „Dann werden die Gerechten leuchten“ aus dem geistlichen Oratorium „Elias“ (MWV A 25, 1846), blieben keine Adventskonzertwünsche offen.
Im besten Wortsinn „Von guten Mächten wunderbar geborgen“ (Sopran, Alt, Tenor, Bariton) fühlte man sich da. Und durch und durch berührt: Wem bewusst war, unter welchen Umständen Dietrich Bonhoeffer 1944 sein Lied schrieb, dem könnte fast die gute Stimmung kippen. Da steuerte aber im singfreudigen Miteinander aller Konzertbesucher das Adventslied „Tochter Zion, freue dich“ mit guter Laune entgegen. Riesenapplaus!