Ebenezer Scrooge heißt jetzt Xaver Geiz

von Redaktion

Charles Dickens‘ Weihnachtsgeschichte auf Bairisch erzählt

Stephanskirchen – Sie haben es wieder getan: Nachdem Max Dietrich und Hans Küsters aus Wasserburg schon etliche Opern und auch den „Zerbrochenen Krug“ von Heinrich von Kleist ins Bairische übersetzt und vorgetragen haben, haben sie nun auch „A Christmas Carol“ von Charles Dickens bajuwarisiert. Diese Weihnachtsgeschichte erzählten sie im Foyer des Rathauses von Stephanskirchen in Schloßberg vor zahlreichen Zuhörern.

Der Geizhals Ebenezer Scrooge heißt jetzt Xaver Geiz, sein verstorbener Kompagnon Jacob Marley heißt Girgl Kragen, folgerichtig heißt ihre Geldverleih-Firma „Geiz & Kragen“. Geiz‘ Sekretär, bei Dickens Bob Cratchit, ist nun der Wimmer Damerl, der mit seinen sechs Kindern im Hasenbergl wohnt. Die Firma sitzt in München „beim Beck am Rathauseck“, Geiz wohnt in der Maxvorstadt

Frei umgestaltet
und in Verse gebracht

Die beiden Autoren haben die berühmte Geschichte „frei nach Charles Dickens“ umgestaltet und in Verse gebracht. Die Versgestaltung fordert und erlaubt zugespitzte Formulierungen, die immer treffen und oft schmunzeln lassen. Dietrich mit tiefem und rauem Bass und Küsters mit wandlungsfähigem Bariton erzählen die Geschichte in behaglicher Ruhe und liebevoller Ausführlichkeit, läuten jede Strophe mit einem Glöcklein ein, fügen auch sonst charakteristische Geräusche hinzu und setzen für jeden erscheinenden Geist einen kleinen Weihnachtswichtel auf ihren Erzähltisch. „Weihnachten is a Schmarrn!“, konstatiert Xaver Geiz, das englische „Humbug“ damit übersetzend.

Der erste Geist führt Geiz nach Wasserburg, wo der junge Xaver im Internat war, im Lagerhaus gelernt hat und Verlobung mit seiner Fanny gefeiert hat – die ihm allerdings den Laufpass gegeben hat, denn: „Du hast mi durchs Geld ersetzt!“

Der zweite Geist, der Weihnachtsgeist der Gegenwart, ist die leibhaftige Bavaria. Die führt Geiz zum Viktualienmarkt und zeigt ihm, wie fröhlich andere Weihnachten feiern. Der dritte Geist, der Weihnachtsgeist der Zukunft, ist ein Kind, das Geiz gleich eine Watschn gibt und ihn in eine Kriminellen-Spelunke nach Giesing und schließlich zum Ostfriedhof führt, an Geizens künftiges Grab, auf dem nur steht: „Geldverleiher Xaver Geiz“. Jetzt spätestens ist Xaver Geiz bekehrt, kauft ein Ganserl und bringt’s zum Wimmer Damerl, dessen Gehalt er gleich verdoppelt: „Weihnachten is doch koa Schmarrn!“

Musik bereichert
die Lesung

Einen großen Anteil am Gelingen dieses gemütvollen Abends hatten die zwei Sängerinnen aus Griesstätt, Johanna Fischbacher und Julia Loibl, die mit Gitarren, Hackbrett und Gesang den Vortrag gliederten und bereicherten. Mit zwei Gitarren spielten sie langsame Landler oder flotte Walzer, auch mal in düsterem Moll, wenn die Geister angekündigt werden. Passgenau zum Text hatten sie ihre Lieder ausgesucht, sangen Weihnachtslieder, wenn dem Geiz gezeigt wird, wie andere dieses Fest feiern, sangen das österreichische Lied „Geh net aussi, du kloaner Pinzga!“, wenn Geiz als kleiner Bub gezeigt wird, und das Begräbnislied „Jetzt
muass i aus meim Haus“, wenn dem Geiz sein Grab gezeigt wird. Die Zuhörer lauschten ruhig und aufmerksam, schmunzelten, freuten sich über die treffgenauen und oft deftigen bairischen Ausdrücke und ließen sich gerne in vorweihnachtliche Stimmung bringen.

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