Grassau – Bayerischer Advent und Jazz, geht das zusammen? In der Villa Sawallisch stellt sich niemand diese Frage, steht doch der Jazz für die große Freiheit, alles, was alltäglich oder auch weltbewegend ist, musikalisch aufzugreifen und just für den Moment neu anzubieten. Und weltbewegend ist die Dezember-Frohbotschaft ja nun ohne Zweifel.
Die Anbieter dieses Konzertabends sind Philipp Stauber an der Gitarre, Henning Sieverts am Kontrabass, Till Martin am Saxofon und Matthias Gmelin am Schlagzeug; ein nicht nur in Süddeutschland immer wieder gern gehörtes Quartett von Jazz-Profis, der warme Willkommens-Applaus im großen Konzertsaal der Villa beweist es.
Der Programmzettel verspricht neben Bearbeitungen von Jazz-Standards auch Eigenkompositionen und, als Besonderheit, „raffinierte Interpretationen großer, alter Advents- und Weihnachtslieder“ unter dem Motto „A Child is born“. Was zugleich der Titel einer wunderschönen Jazz-Ballade ist, 1969 komponiert im langsamen Dreivierteltakt vom Jazz-Trompeter Thad Jones. Ihr Text hat bei Licht besehen mit dem 24. Dezember nicht viel zu tun, ist als adventliche Anspielung im Programm aber gut nutzbar und außerdem musikalisch unglaublich passend.
Das Motto-Stück des Abends steht fast am Schluss des Programms, Philipp Stauber wollte seine Zuhörer schließlich mit einer Frohbotschaft nach Hause schicken.
Davor passiert aber noch einiges in diesem so besonderen Adventskonzert: Los geht es mit dem Beatles-Klassiker „And I Love her“, einfach um mit vertrauten Klängen den Zuhörern eine Wohlfühlstimmung zu zaubern, was gleich mit dem Jazzstandard „My Favorite Things“ fortgesetzt wird. Ein Lied aus dem Musical „The Sound of Music“, das – wie Philipp Stauber erklärt – mit John Coltranes Jazzinterpretation weltberühmt wurde. Aus der Musical-Tradition kommt auch das nächste Stück „All The Things You Are“, 1946 von Dizzy Gillespie entdeckt und seitdem eine zeitlose Jazz-Ikone. Alle drei Stücke in der mühelosen und stets herzerwärmenden Tonlage, wie man sie von den vier Jazzern kennt – was auch dann gilt, wenn einer von ihnen seine neueste Eigenkomposition spielt. Philipp Staubers „Bird’s Train“ mit wunderschönem Gitarrensolo ist hörbar auch ihr gemeinsames Stück.
Und dann kommt – „mal sehen“, fragt Philipp Stauber ins Publikum, „ob Sie es erkennen.“– das erste große, alte Adventslied: „Es kommt ein Schiff geladen“, einer der ältesten geistlichen Choräle aus dem 15. Jahrhundert. Natürlich wird er erkannt, verhalten andächtiges Mitsummen von der Sitznachbarin ist der Beweis. Und was das Quartett auf der Bühne daraus macht, beweist mal wieder, welch großer Zauberer der Jazz sein kann.
Nach der Pause sind noch einmal zwei Klassiker zu hören, „Love for Sale“ von Cole Porter und „Because“ vom Beatle John Lennon. Gefolgt von Philipp Staubers „November Song“, bevor dann das Mottostück des Abends „A Child is born“ zelebriert wird.
Und damit das Konzert am Ende noch einen heiter-ironischen Schluss bekommt – wir kennen die Sinatra-Version aus den Dezember-Radio-Dauerschleifen – „Santa Claus is coming to Town“. Das Quartett bekommt den ihm zustehenden begeisterten Schlussapplaus, das Publikum seine Zugabe und das Versprechen von Philipp Stauber: „Bis dann im nächsten Jahr!“ Gute Aussichten.