Bruckmühl – Vier junge Künstlerinnen bereichern unter dem Titel „Silver Lining“ derzeit das Ausstellungsgeschehen in der Galerie Markt Bruckmühl. Noch nie Dagewesenes, unter neuen Gesichtspunkten Geschaffenes überrascht und – nach genauem Hinsehen – gefällt.
Joana Albuquerque ist 1993 in Ponta Delgada auf den portugiesischen Azoren geboren. Sie studierte Architektur und zeitgenössischen Schmuck in Lissabon und lebt abwechselnd auf den Azoren und in München. Aktuell ist sie Meisterschülerin bei Professor Kuri an der Akademie der Bildenden Künste. Bereits bei der Vernissage bot ihre Arbeit „Lick‘in“ Anlass zu lebhaften Diskussionen und neugierigem Ertasten. Sie hat die Oberfläche eines großen Stahltisches mit Honig versehen, den sie flüssig aufschüttete und der in der Folge erhärtete. Natürlich versuchen die meisten Besucher, durch Fühlen die Echtheit und die Konsistenz der Fläche zu prüfen. Etliche kleine Dellen in der anfangs noch makellosen Oberfläche zeugen davon.
Alltagsgegenstände
werden karikiert
So gibt die Künstlerin mit leiser Ironie dem Nimbus des geschichtsträchtigen Materials Honig, das man mit „Gotteswort“ und „Unsterblichkeit“ verband, eine neue Note. Andere Exponate von Albuquerque karikieren Alltagsgegenstände, wie zum Beispiel die Wassergefäße aus Wachs und Papier im ersten Stockwerk, die durch einen Knick in ihrer Gestalt unbrauchbar zu sein scheinen. Ein Hinweis auf die drohende Wasserknappheit?
Astrid Bauer, die diese Gruppe von Künstlerinnen zusammengerufen hat, gestaltet ihre Gemälde auf Leinen, das zum Teil 300 Jahre alt ist. Anfangs, während ihres Studiums, waren es finanzielle Erwägungen, aber nach und nach wurde es ihr zur Herzensangelegenheit, diese seit Langem im Familienbesitz befindlichen handgewebten Stoffe als Malgrund zu benutzen. Da sie die Stoffe nicht zerschneidet, sondern ohne Rahmen auf die Wand spannt, haben die Bilder zum Teil sehr große Formate, so zum Beispiel 2,20 mal 2,50 Meter. Als Farbe verwendet sie Öl in sehr zarten Farben und dünnem Aufstrich. Ihre Formen sind weich und scheinen sich über die Malfläche zu bewegen. Durch die Verwendung der alten Stoffe vereint sie Tradition und Moderne.
Auch Annabelle Mehraein hat ihre ganz eigene Darstellungsweise. 1974 in München geboren, lebt und arbeitet sie dort als freischaffende Künstlerin. Sie studierte an der Akademie der Bildenden Künste bei den Professoren Günther Förg und Sean Scully und war Meisterschülerin bei Förg. Ihr Malmittel ist Öl auf Alu-Dibond. Sie schätzt den unnachgiebigen Untergrund des Metalls für ihren Farbauftrag.
Nach dem Prinzip des „Alla prima“ kreiert sie ihre Arbeiten, was äußerste Disziplin abverlangt. Jeder Strich muss sofort sitzen, denn eine Korrektur ist nicht möglich. Jedes Ausbessern würde seine Spuren hinterlassen. Sie malt ungegenständlich, aber man kann bei der Betrachtung seine eigenen Vorstellungen realisieren. In einem Werk scheinen aus glänzend schwarzem Untergrund Blüten und Stengel herauszuwachsen, die an eine chinesische Lackarbeit erinnern.
Und dann gibt es noch die „Wutringe“ von Regina Rupp – Ringe aus wertigem Material, die aber arge Beschimpfungen als Gravur tragen. Nach ihrem Studium an der Akademie der Bildenden Künste in München gründete sie ihr eigenes Label Ray Rupp und fertigt Ringe von ungewöhnlicher Gestalt an. Das sind zum einen schlichte Silberringe mit Gravur, zum anderen Konstruktionen von Gel-Nails auf einer Ringschiene. Sie begibt sich auf den schmalen Grat zwischen Ästhetik und Affekt, den sie durch ihre Arbeiten zu kontrollieren versucht. Was nach Aggressivität aussieht, besitzt gleichzeitig Schönheit und Perfektion. Eine Vitrine im Dachgeschoss beinhaltet fünf Ringe als sogenannte „Wutringe“ und 36 Ringe unter dem Titel „Mamacita“ – ein Kaleidoskop für den, der sich schmücken und gleichzeitig Emotionen auf die Spitze treiben mag. So vermittelt uns der Titel der Präsentation „Silver Lining“, dass jede Situation ihren Silberstreifen am Horizont besitzt.