Eine Woche nach dem letzten Vier-Punkte-Wochenende, bereits dem sechsten in der laufenden Saison, lernten die Starbulls Rosenheim auch einmal die andere Seite kennen. Ein Wochenende ohne Pluspunkt, bei einem Heimgegner wie den Sonthofen Bulls, die sich in der Auswärts-Bilanz nur im Mittelfeld der Tabelle befinden, doch etwas überraschend. Aber nach dem 1:4 am Sonntag, nach dem Punktverlust gegen Landshut und der Niederlage gegen Deggendorf der dritte Fleck auf der weißen Weste im Emilo-Stadion, ist das Kofler-Team mit 78,8 Prozent-Punkten auf eigenem Eis nur noch das viertbeste Heimteam hinter Landshut (84,4), Selb (90) und den punktverlustfreien Deggendorfern. Dass es dennoch aktuell noch zu Platz zwei reicht, verdankt man den Landshutern, die die punktgleichen Selber am Sonntag im einzigen Heimsieg des Abends niederhielten, und der eigenen Auswärtsbilanz. Denn auf fremdem Eis sind die Starbulls trotz der Freitags-Niederlage bei den Wölfen mit 63,3 Prozent zweitbestes Team hinter Deggendorf (63,6).
Dass die Tabellenspitze, auch wenn die Verfolger zahlreicher werden, immer noch in Sichtweite sind, verdankt Rosenheim auch der nach wie vor und trotz der acht Gegentore in Selb besten Defensive. Allerdings sind die Zeiten, da man nur gut halb so viele Gegentore kassierte wie der beste Gegner, längst vorbei (was natürlich auch mit dem längeren Fehlen der beiden Stamm-Goalies zusammenhängt). Offensiv sind die Starbulls wie schon zu Saisonbeginn eher beim Durchschnitt angesiedelt; derzeit belegen sie mit 86 bei den geschossenen Toren nur Rang sechs hinter Selb, Landshut, Regensburg, Peiting und Primus Deggendorf, das bereits am Freitag die Hundert-Tore-Grenze knackte.
Die Niederlage in Selb, das in den letzten Wochen alles von Rang und Namen vom Eis geschossen hatte, konnte man auch angesichts der aktuellen Personalnot sicher erwarten, nicht aber die Heimniederlage gegen Sonthofen, bei der aber auch wirklich von der ersten Minute an (und dies ist wörtlich gemeint) alles schief lief. 0:1 nach 21 Sekunden, der früheste Gegentreffer in dieser Saison, beim 0:2 ein völlig verunglückter Torschuss als ideale Vorlage für einen Abstauber, der dritte Gegentreffer von der Sorte „vermeidbar“, und Dutzende eigener Chancen gegen einen zwar wendigen, aber nicht immer sicheren gegnerischen Torhüter versiebt – das ist der Stoff, aus dem Niederlagen sind! Um so dringender erwartet man die Rückkehr von Michael Fröhlich, der bei seinem letzten Einsatz beim Overtime-Sieg gegen Landshut zeigte, wie man Nachschüsse verwertet. Dazu dann noch ein Empty Net Goal mit dem einzigen Schuss, der vom Pfosten ins Tor sprang, während die Starbulls im Spiel dreimal krachend das Gestänge trafen, der Puck aber nicht im Tor landen wollte.
Überhaupt das leere Tor: Kofler scheute sich in Selb nicht, beim Stand von 4:6 bereits vier Minuten vor Schluss mit einem sechsten Feldspieler zu agieren. Es fruchtete bekanntlich nicht, und gleich zwei „Empty-Netter“ waren die Folge. Das trug auch mit zu einem Phänomen bei, das in den Spielen vor dem Sonthofen-Match einen früheren Trend total umkehrte. In den vier Spielen in Peiting, Weiden und Selb sowie gegen Miesbach fielen insgesamt 44 Treffer, das sind elf pro Begegnung! Was für ein Unterschied zu den vorangegangenen 16 Partien, wo gerade einmal beiderseits 5,69 Tore fielen.
Dazu kommt, dass auch das überragende Unterzahlverhalten in den letzten Spielen etwas nachgelassen hat. Zwar ist die Unterzahlquote von 87,7 Prozent immer noch die beste der Liga, aber allein in den letzten fünf Spielen hat man ebenso viele Treffer (fünf) zugelassen wie in den 16 Partien davor! Für Selb traf im Powerplay mit Herbert Geisberger auch ein Ex-Rosenheimer. Hauptakteur war aber neben dem neuen Kontingent-Stürmer Ian McDonald (drei Tore, zwei Assists) ein alter Bekannter, der den Starbulls schon in ihrer Oberliga-Vergangenheit vor dem Zweitliga-Aufstieg mächtig Probleme bereitet hat: Jared Mudryk (diesmal zwei Tore und vier Vorlagen) schoss von 2007 bis 2010 für Klostersee bereits elf Tore gegen die Starbulls, die viertmeisten in sechs Jahren Oberliga.
Noch ein kleines Detail am Rande: Neben Torhüter Lennard Brunnert gab in Selb ein zweiter 16-Jähriger sein Debüt in Grün-Schwarz: Enrico Henriquez Morales, ein Name, den man vom Klang her nicht unbedingt mit Eishockey assoziieren würde. Dies ist aber kein absolutes Novum. Bereits in der Saison 2005/06 waren mit Nico Senger und Sinan Akdag zwei 16-jährige Verteidiger sogar Stammspieler! Senger blieb den Starbulls acht Jahre lang erhalten, bis er zu seinem Heimatverein Klostersee wechselte, Akdag verließ Rosenheim nach zwei Jahren in Richtung Krefeld, spielt inzwischen in Mannheim und ist seit mehreren Jahren Stammspieler in der National-Mannschaft.