Aktuelles Interview

„Froh, dass es Landshut und Rosenheim gibt“

von Redaktion

Den „Langen“ kennt man nicht nur in den Eishockeystadien: Am Rande des Ruhpoldinger Biathlon-Weltcups musste Erich Kühnhackl zahlreiche Autogramm- und Fotowünsche erfüllen. Der 66-Jährige erfreut sich großer Beliebtheit in der Sportszene.

Ruhpolding – Kühnhackl zählt nicht nur aufgrund seiner Statur (1,96 Meter, Spitzname „Kleiderschrank auf Kufen“) zu den Größten des deutschen Sports. „Deutschlands Eishockeyspieler des Jahrhunderts“, der viermal deutscher Meister war und 1976 mit der Nationalmannschaft Olympia-Bronze gewann, gehört der Ruhmeshalle des deutschen Sports an. Und der Landshuter hat sein Talent weitergegeben: Filius Tom spielt in der nordamerikanischen Profiliga NHL und hat dort 2016 und 2017 mit den Pittsburgh Penguins den Stanley-Cup, die begehrteste Eishockey-Trophäe der Welt, gewonnen. Im Gespräch mit der Sportredaktion plaudert Kühnhackl senior über seinen Sohn und die schwierige Situation für Traditionsvereine wie Landshut und Rosenheim.

Blutet einem das Herz, wenn man Landshut und Rosenheim in der drittklassigen Oberliga sieht?

Wenn man aus eigener Erfahrung weiß, wie und wo und vor allem auf welchem Niveau diese Mannschaften früher gespielt haben, dann, ehrlich gesagt, schon. Beide Vereine haben ja zur damaligen Zeit das Eishockey mit geprägt. Aber es ist halt so im Sport und vielleicht kommen ja irgendwann auch wieder andere Zeiten. Hoffen wir es mal!

Was ist denn heuer für beide drin? Es gibt ja nur einen Aufstiegsplatz.

Ich glaube, das ist aber auch die große Motivation, wenn man weiß: Es steigt nur einer auf. Du kannst dir quasi nicht erlauben, in einem Spiel nicht 100 Prozent voll zu geben. Die Mannschaft, die sich am besten darauf fokussieren kann, wird es schaffen.

Beide Vereine betreiben eine starke Nachwuchsarbeit, können aber nur selten ernten. Die hochtalentierten Spieler werden bald wieder weg sein.

Aber das war schon früher so und wird auch immer so bleiben. Die Nachwuchsförderung ist unglaublich wichtig und man kann froh sein, dass es so Standorte wie Rosenheim und Landshut gibt, wo in den Nachwuchs viel Zeit und auch viel Geld investiert wird. Das ist dann aber der normale Gang, dass die Spieler, wenn sie 18, 19 Jahre sind, in der DEL2 oder der DEL spielen – oder sogar in Nordamerika.

Bei Ihnen ist beim Wechsel von Landshut nach Köln eine für damalige Verhältnisse hohe Ablösesumme bezahlt worden. Sollte man im Interesse dieser für den Nachwuchs wichtigen Standorte nicht wieder zu so einer Lösung kommen?

Es gibt dafür kein Rezept, das allen hundertprozentig gerecht wird. Aber man sollte eine Lösung dafür finden, wenn man den Nachwuchs zehn bis 15 Jahre ausbildet und Geld investiert. Vielleicht sollte man über eine Art Ablösesumme, wie das früher der Fall war, wieder nachdenken.

Mit Bundestrainer Marco Sturm ist ein Landshuter das momentane Gesicht des deutschen Eishockeys. Was kann er bewirken?

Ich glaube, dass er in seiner Position sehr viel erreichen kann. Er hatte die Erfolge und er findet Zugriff zu den Leuten in den Vereinen und Verbänden, den Trainern und Managern und den Funktionären. Im Gegensatz zu früher kocht nicht jeder sein eigenes Süppchen. Jetzt macht man es miteinander, für das deutsche Eishockey. Das hat Marco Sturm schon geschafft. Und ich bin überzeugt: Wenn immer die besten Spieler in Deutschland beisammen sind, dann kann man, wenn auch das Quäntchen Glück hinzukommt, leistungsmäßig auch mal vorne mitspielen.

Sie sind Deutschlands Eishockeyspieler des Jahrhunderts. Der Junior ist mit zwei Stanley-Cup-Siegen aber nicht minder erfolgreich. Wie stolz ist Papa Kühnhackl?

(strahlt) Sieht man das nicht? Wenn man weiß, wie schwer es ist, diesen Sprung zu schaffen, und wenn man sieht, dass der Sohnemann diesen harten Weg gegangen ist und immer am Limit gearbeitet hat, dann ist es natürlich das Nonplusultra. Er spielt in der Nationalmannschaft, in der NHL und hat zweimal den Stanley-Cup gewonnen. Das ist schon etwas ganz Besonderes.

Wie war es denn bei Ihnen mit den NHL-Ambitionen?

In der damaligen Zeit hat es das ein oder andere Angebot gegeben. Aber damals konnte man in Deutschland und Europa teilweise genau so viel Geld verdienen. Ich war Profispieler und du kannst maximal zehn, 15 Jahre spielen. In diesem Zeitraum musst du dir eine Existenz aufbauen. Das war für mich hier natürlich einfacher.

In der NHL spielt mit Philipp Grubauer ein Rosenheimer. Bekommen Sie von seinen Leistungen etwas mit?

Er ist ein absolutes Ausnahmetalent im Tor. Er hat die Fähigkeiten, ist ruhig und kann sich absolut auf seinen Job fokussieren. Ich habe ihn früher schon gesehen, als Philipp und Tom in der Ontario Hockey League (kanadische Nachwuchsliga, d. Red.) gespielt haben. Jetzt schaue ich mir natürlich auch die Spiele der anderen deutschen Spieler in der NHL an. Grubauer hat das Zeug dazu, die Nummer eins zu werden.

Ihr Sohn wurde in der Fachzeitschrift „Eishockeynews“ gefragt, mit welcher Person er gerne für 24 Stunden tauschen würde. Er antwortete: „Ich würde gerne mein Vater sein, 1976 bei den Olympischen Spielen.“ Was sagen Sie zu dieser Antwort?

Ich hab es auch gelesen und mich riesig gefreut. Das finde ich schon toll. Olympische Spiele sind immer noch etwas ganz Besonderes und sie können jeden Athleten auf der Welt fragen: Jeder möchte gerne mal bei Olympia dabei sein. Dann noch das Glück zu haben und auch noch eine Medaille zu holen, das ist schon toll. Ich hoffe, dass Tom und Philipp Grubauer auch nochdazu kommen werden. Interview: Neumeier

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