So bunt wie nie

von Redaktion

Fußball-Kreis Inn/Salzach wählt neue Spitze – Bernd Schulz Ehrenvorsitzender

Rosenheim – Eine Frau als Chef, ein gebürtiger Sachse und eine 21-Jährige – die Funktionärsriege im Fußball-Kreis Inn/Salzach ist so bunt wie nie. Carmen-Jutta Gardill („die Hälfte nennt mich Jutta, die andere Hälfte Carmen“) von der SpVgg Pittenhart wurde ohne Gegenstimme zur Kreisvorsitzenden gewählt. „Ich bin die Verrückte, die Verantwortung übernehmen will“, stellte sie sich schmunzelnd vor. Thomas Langner (SV Taching) ist für die nächsten vier Jahre neuer Kreisspielleiter. Gardills Nachfolgerin als Frauen- und Mädchenbeauftragte ist die Traunsteinerin Michaela Heinzlmeier (SV Saaldorf).

Spannend wurde es nur bei der Wahl zum Kreisjugendleiter: Mit dem Altöttinger Frank Maier (TSV Taufkirchen), der als Spielleiter für die älteren Jugendlichen in der Gruppe Inn zuständig ist, gab es überraschend einen Gegenkandidaten für Bernhard Hellmich (SpVgg Jettenbach). Doch der Amtsinhaber setzte sich mit 101 zu 71 Stimmen durch. Hellmich musste Defizite einräumen: Vor allem bei den U19- und U17-Junioren gehe die Zahl der Mannschaften stark zurück. Und bei den Jüngsten (U9) müssten die Trainer endlich umdenken und den Leistungsgedanken in den Hintergrund rücken lassen. „Wir hatten in den vergangenen Jahren mehrere Spielabbrüche – einmal haben sich sogar die Eltern am Spielfeldrand geprügelt.“

Ansonsten herrschte Harmonie unter den knapp 200 Vereinsvertretern im Rosenheimer KuKo. Bernd Schulz (TuS Großkarolinenfeld), bisher Kreisvorsitzender und -spielleiter in Personalunion, stand noch einmal im Mittelpunkt. „Es waren zwölf schöne Jahre“, resümierte er. „Die Zusammenarbeit mit den Vereinen war – bis auf wenige Ausnahmen – gut.“ Der Kreis mit seinen mehr als 200 Vereinen sei „eigentlich nicht schwer zu leiten“ – nur dauere es oft etwas länger, bis sich Neuerungen durchsetzten: der Live-Ticker etwa oder – Schulz‘ großes Anliegen – der Futsal, der den Hallenfußball ersetzen soll. Und Gewalt, wie zuletzt bei der Rauferei in Prutting, habe im Fußball gar nichts verloren. „Nicht ganz uneigennützig“ ernannte Gardill ihren Vorgänger zum Ehren-Kreisvorsitzenden. Schließlich hat sich der 63-Jährige bereiterklärt, auch künftig mit Rat und Tat bereit zu stehen.

Bei den Schiedsrichtern im Kreis heißt das Aushängeschild Michael Bacher. Der Ameranger pfeift in der 3. Liga und steht in der 2. Bundesliga an der Linie. „Er steht heuer auch wieder sehr gut da. Ich hoffe, dass er nochmal einen oder zwei Sprünge nach oben macht“, sagte Kreis-Schiedsrichter-Obmann Josef Kurzmeier (SV Ramerberg). Insgesamt 656 Unparteiische zählen die drei Gruppen, nur noch 471 stehen aber auf dem Platz. „Vor allem in den Randgebieten, im Inntal und Berchtesgadener Land, sieht es ganz schlecht aus“, appellierte Kurzmeier an die Vereine, für Nachwuchs zu sorgen. Bayernweit sieht es noch schlechter aus: 14000 Spiele finden jedes Wochenende statt – doch es gibt nur 10000 Schiedsrichter.

Altenmarkts Bürgermeister Stephan Bierschneider zog als Sportgerichts-Vorsitzender eine positive Bilanz. Die Zahl der Fälle, die pro Jahr abgeurteilt würden, sei in den vergangenen zehn Jahren von 800 auf 550 gesunken. „Nur ein bis zwei Spiele, die jedes Jahr aus dem Ruder laufen, trüben die Bilanz.“ Und die Zahl der Spielausfälle sei zu hoch. Allein bei den Herren und Frauen seien in vier Jahren 1300 Punkte am grünen Tisch vergeben statt auf dem grünen Rasen ausgespielt worden.

BFV-Präsident und DFB-Vize Rainer Koch appellierte an den Zusammenhalt von Amateuren und Profis. „Wir müssen verstehen, dass wir einander brauchen. Ohne Amateurfußball gibt es keine Talente, keine Bundesliga, keine Nationalmannschaft – und keine Fans in den Stadien.“ Andererseits flössen allein aus den Zuschauereinnahmen der bayerischen Profiklubs 1,2 Millionen Euro pro Jahr in den Haushalt des Bayerischen Fußball-Verbandes (BFV). „Nichts wäre schlimmer als ein Bruch zwischen Amateur- und Profifußball“, wurde er nach der Veranstaltung noch deutlicher. Koch entkräftete den Vorwurf, dass der Verband seine gut 4600 Vereine zu sehr schröpfe: Sie müssten nur ein Drittel des 18-Millionen-Etats beisteuern. Inn/Salzach war der elfte von 22 Kreistagen in Bayern. Kochs Halbzeit-Fazit fällt positiv aus: Kritiker wie der ehemalige Präsident der SpVgg Unterhaching, Engelbert Kupka, die ein Gegeneinander von Vereinen und Verband sähen, seien offenbar „eine verschwindende Minderheit“.

Manch ein Verein fühle sich überfordert von den Vorgaben „von oben“, doch Koch appellierte an die Bereitschaft zu Veränderungen: „Wir müssen nicht immer noch mehr machen, aber wir müssen manches anders machen. Wir müssen mehr bieten als zweimal Training und ein Spiel pro Woche.“

Im Spielbetrieb sprachen sich die Vereinsvertreter nur für eine von drei vorgeschlagenen Änderungen aus: 78 Prozent stimmten dafür, dass A-Junioren mit ihrem 18. Geburtstag wieder in der Herren-Mannschaft spielen dürfen. Eine Einschränkung des Einsatzes von Spielern aus der ersten Mannschaft in den Reserven der B- und C-Klassen wollten nur 22 Prozent. Und auch die Möglichkeit, in der Kreisliga und darinter fünf statt drei (bei Junioren und Frauen: vier) Spieler auszuwechseln, fanden nur 32 Prozent gut. Die Entscheidung darüber fällt auf dem BFV-Verbandstag im Mai.

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