Eishockey

Olympia-Wahnsinn made in Rosenheim

von Redaktion

„Wir spielen fast wie Maschinen, ein Zahnrad greift ins andere“, twitterte der Rosenheimer Patrick Hager, Stürmer der deutschen Eishockey-Nationalmannschaft, nach dem Finaleinzug im olympischen Eishockeyturnier. Und sie spielten auch gegen Russland ähnlich wie Maschinen, hatten den haushohen Favoriten am Rand einer Niederlage, die Hand an der Goldmedaille, verloren in der Verlängerung unglücklich mit 3:4 und fahren trotzdem als Eishockey-Helden mit Silber nach Hause.

Pyeongchang – Noch nie stand eine deutsche Eishockeymannschaft in einem Endspiel bei den Olympischen Spielen. Noch nie hat Schwarz-Rot-Gold beim Eishockey eine Silbermedaille bei Olympischen Spielen gewonnen – bis gestern, Sonntag, den 25. Februar 2018. Ein Datum, an dem deutsche Sportgeschichte geschrieben wurde! Und das Beste: An dem Olympia-Wahnsinn sind auch zwei gebürtige Rosenheimer beteiligt. Stürmer Patrick Hager (29 Jahre), Torschütze gegen Norwegen und Kanada, und Verteidiger Sinan Akdag (28 Jahre) haben im Nachwuchs der Starbulls Rosenheim das Eishockey- spielen gelernt.

Nach Lehrjahren im Rosenheimer Nachwuchs und in der Oberliga-Mannschaft zogen beide in die große Eishockey-Welt hinaus, heuerten erst beim DEL-Team in Krefeld an wo sie gemeinsam vier Jahre spielten, ehe sich ihre Wege trennten. Hager wechselte nach Ingolstadt und wurde 2014 deutscher Meister, Akdag zog 2015 nach, holte mit Mannheim den Titel und wurde ein Jahr später zum besten Verteidiger der DEL gewählt.

Ihren größten Erfolg feierten Hager und Akdag allerdings jetzt – in Pyeongchang, wobei für Sinan Akdag das Turnier nach dem dritten Spiel gegen Norwegen frühzeitig beendet war. Nach einem bösen Check von Norwegens Kristiansen gegen Akdags Kopf waren Spiel und Turnier für ihn beendet. Akdag war übrigens der erste türkischstämmige Spieler in der DEB-Auswahl. Seine Leistungen waren beeindruckend und so taufte ihn ein Boulevardblatt prompt zum „Eis-Özil“. „Der Vergleich ist schon lustig“, sagt Akdag, gibt sich aber bescheiden. „Ich habe Mesut Özil noch nicht getroffen. Er ist ein Weltstar, ihn kennt jeder, ich bin da schon unbekannter.“

Das wird sich in Zukunft ändern, denn Akdag gehört wie Patrick Hager zu dem Team, das Eishockey-Geschichte geschrieben hat. Nach 42 Jahren, als die deutsche Mannschaft 1976 in Innsbruck die Bronzemedaille holte, gewann ein deutsches Team wieder Edelmetall.

Anton Hager, Patrick Hagers Vater, der in Rosenheim einen Hockey-Shop in der Kufsteiner Straße betreibt, war begeistert von der Leistung des deutschen Teams und er war natürlich stolz auf seinen Sohn. „Ein Traum! Und dass Patrick ein Teil dieser grandiosen Mannschaft sein durfte, ist der Wahnsinn. Das ist auch eine Auszeichnung und ein Lohn für die hervorragende Rosenheimer Nachwuchsarbeit. Endlich wird über das deutsche Eishockey wieder positiv berichtet und das haben diese Jungs mit ihrer unglaublichen Leistung geschafft“, erklärte Toni Hager, der sich das Endspiel gestern früh im engsten Familienkreis mit Patricks Frau Stephanie, den beiden Töchtern Emma (5) und Greta (3) und den Schwiegereltern angeschaut hat. Besonders freute sich Toni Hager, der selbst für Rosenheim Eishockey spielte und in den 80er- und 90er-Jahren über 500 Zweitliga-Spiele (Kassel, Freiburg, Stuttgart) bestritt und dabei 230 Tore erzielte, dass sein Sohn doch noch an den Olympischen Spielen teilnehmen konnte. 2010 verletzte sich Patrick Hager kurz vor den Spielen und konnte dann wenigstens die Heim-WM mitspielen, 2014 qualifizierte sich das deutsche Team nicht für Olympia. „Ich kann es gar nicht fassen“, jubelte Hager senior, der wie Patrick nach der unglücklichen Niederlage gegen Russland sagte: „Wir haben nicht Gold verloren, sondern Silber gewonnen.“.

Patrick Hagers erster Trainer im Senioren-Bereich, Markus Berwanger, der mit Rosenheim dreimal deutscher Meister wurde, beschrieb den jungen Hager folgendermaßen: „Patrick hatte schon immer einen unglaublichen Willen und die nötige Aggressivität im Spiel, und genau so spielte die deutsche Nationalmannschaft auch beim olympischen Turnier. Und Patrick hat sich in den letzten Jahren enorm weiterentwickelt, genauso wie Sinan Akdag.“

Das sieht auch Rosenheims Nachwuchs-Cheftrainer Thomas Schädler so. Er hatte die beiden Medaillengewinner zwei und drei Jahre unter seinen Fittichen. „Patrick ist meiner Meinung nach der zur Zeit beste deutsche Mittelstürmer. Er ist nicht umsonst Vize-Kapitän der Nationalmannschaft. Auch bei mir war er Kapitän, weil er schon damals Verantwortung übernommen hat.“ Schädler schwärmte gestern auch von der Top-Einstellung der beiden Rosenheimer, die auch Hagers ehemaliger Nachwuchstrainer Gerhard Graf bestätigte: „Beide haben immer freiwillig Zusatzschichten geschoben und wollten unbedingt in die DEL.“

Eigentlich wären es ja drei Rosenheimer aus dem Starbulls-Nachwuchs, die an den Olympischen Spielen teilgenommen hätten, denn Philipp Grubauer wäre sicher eine Option als Nummer-eins-Torhüter gewesen. Weil die NHL während den Olympischen Spielen keine Pause machte, musste Grubauer in Washington ran. Auf Instagram postete er zwei Videos des deutschen Teams und schrieb: „Unglaublich, was für eine Truppe. Ganz stark, Burschen.“ Dem ist nichts mehr hinzuzufügen.

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