Rosenheim/Höslwang – Die Nacht zuvor verlief unruhig. Versagensängste? Schließlich war Kollege Ziegler auch wieder mit dabei, und der ist ja um keinen Spruch verlegen. Mir hilft das Laura-Dahlmeier-Motto: „Scheiß‘ da nix, dann feit da nix!“ Also: Rein in die Sportklamotten und ab ins Auto Richtung Höslwang. Im Radio läuft eine Best-of-CD: Roxette singt „Dressed for success“. Der Blick geht an mir runter. Na ja, Polo meines ehemaligen Vereins, Turnhose, Turnschuhe und dazu meine Figur – schaut jetzt nicht gerade nach Erfolg aus… Also noch einmal anders stärken. Ab in die „Tanke“, einen österreichischen Energiedrink gekauft. Roxette trällern derweil „Wish i could fly“ – was für ein Zufall!
Erste Einweisungen vom Profi
In Höslwang werde ich vom Präsidenten Giorgio Dander und von Bernd Pusch, langjährigem Pressewart, empfangen. Mit ihnen werde ich später auf die Runde gehen. Sie haben Handicap 9 und 11. Mein Handicap? Linker und rechter Arm, die Beine, einfach alles… Hilfe!
Zunächst geht es zum Putten, um ein erstes Gefühl für Schläger und Ball zu bekommen. Die ersten Versuche gelingen, der Ball gehorcht mir. „Das war für den Anfang schon mal sehr gut“, lobt Bernd Pusch. Erleichterung bricht aus.
Dann geht es an die Driving Range und zu Frank Schefer. Der Profi gibt mir die erste richtige Einweisung, zeigt mir alle möglichen Schläger, das berühmte Neuner-Eisen, Putter und Driver. Dann geht‘s los: Zunächst geht es nur darum, die Bälle zu treffen. Das passt, schön langsam löst sich die Verkrampfung, meine Schläge haben quasi die Präzision eines Schweizer Uhrwerks! Tja, wer irgendwo mal mit der Kugel umgehen konnte, der verlernt halt auch nix!
Die Aufgaben werden immer größer, die Leistung aber bleibt. Keine Streuung wie bei einem kaputten Gartenschlauch. Und zum Abschluss lässt mich Schefer sogar an den Driver ran. Der ist ultraleicht, damit könnte ich doch den Ball über die 100-Meter-Marke befördern? Denkste! Erst der letzte Versuch springt drüber, allerdings nach mehrmaliger Bodenberührung.
Das ist natürlich gar nichts gegen den Pro. Spielend leicht schlägt er Richtung 200 Meter. Unfassbar für mich ist ein Schlag Schefers, bei dem der Ball in der Luft noch eine große Kurve macht. Da ist natürlich viel Übung mit dabei. Wobei: Selbst kommt der Profi gar nicht so oft zum Spielen. „Das geht leider nur ein paarmal im Jahr. Mehr lässt der Zeitplan nicht zu.“ Bernd Pusch bestätigt: „Er ist oft ausgebucht. Auch wir erfahrenen Golfer nehmen uns nach dem Winter ein paar Stunden bei ihm, um wieder reinzukommen.“
Mit Pusch und Präsident Dander geht es dann auf die Runde. Der Abschlag an Loch eins gelingt. Ich bin stolz. Die beiden erfahrenen Golfer spielen den Ball dann vors Loch, wo mein Einsatz beim Putten wieder gefragt ist. „Jetzt geht es um den Turniersieg“, sagt Dander, kann mich aber nicht verwirren. Der „Zitteraal“ bleibt aus, ich versenke die Kugel – wo ist mein Grünes Jackett?
„Golf spielt sich zu 80 Prozent im Kopf ab.“
Clubpräsident Giorgio Dander
Der Euphorie folgt aber ein paar Meter weiter gleich die Ernüchterung, genauer gesagt: Beim Abschlag an Loch zwei. Vollgepumpt mit Adrenalinschüben vom erfolgreich vollendeten ersten Loch, dresche ich den Ball weit nach rechts in den Baumwipfel. Darf ein Golfer fluchen? Gerade würde ich gerne…
„Manchmal schimpfe ich schon vor mich hin“, sagt Dander, „aber natürlich gibt es beim Golf schon eine gewisse Etikette“. Allerdings: Geflachst werden darf schon. „Da geht es dann schon ganz schön rund“, lacht Pusch. Er und sein Präsident spielen gut, liefern mir immer wieder die Bälle zum Putten aufs Grün. Und wenn ihnen mal ein Schlag nicht gelingt, dann klappt der folgende aus dem Sandbunker umso besser – bemerkenswert!
Und so vergeht die Zeit wie im Flug. Vorbei an Sandbunkern und Wassergräben geht es auf der wunderschönen Clubanlage – bis zu sieben Greenkeeper kümmern sich darum – von Loch zu Loch. Ich lerne im Schnellverfahren den Kurs kennen, die Schwierigkeiten und Gepflogenheiten. Ich versemmle den einfachen Putt, lege aber den nächsten, eigentlich etwas schwierigeren exakt ins Loch. „Das Gute ist, dass man einen schlechten Schlag schnell auch wieder ausgleichen kann“, sagt Pusch.
Ich lerne aber auch, dass Golf vor allem eines ist: Höchste Konzentration. „Golf spielt sich zu 80 Prozent im Kopf ab“, erklärt mir Giorgio Dander. Übermut wird gleich bestraft, mangelnde Konzentration sowieso. Einmal um Millimeter den Ball anders schlagen, einmal um Zentimeter die falsche Körperhaltung – und schon schwirrt der Ball kreuz und quer durch die Gegend, landet im Teich, im Bunker oder zwischen den Bäumen. Das merke ich auch daran, dass ich immer wieder auch einen Ball finde, wenn ich etwas abseits der ausgewiesenen Fläche nach meinem eigenen Spielgerät suche…
Dann ist der Schnupperkurs für mich beendet, Pusch füllt noch die Golfkarte fertig für mich aus, bevor es ans ebenso wichtige „19. Loch“ zur Nachbesprechung mit herrlichem Ausblick geht. Mir hat es Spaß gemacht und ich denke, dass es den Teilnehmern der vielen Schnupperangebote in Höslwang genau so geht.
Vielleicht sollte ich mir für 2019 die Platzreife zum Ziel setzen und es dem Kollegen Ziegler gleichtun. Dann könnte es demnächst das OVB-Sportredaktions-Duell auf dem Höslwanger Grün geben…
Den Heimweg trete ich euphorisiert an. Immer noch läuft die Roxette-CD. Diesmal: „Perfect day“. In der Tat!