Burghardt ist einer von elf deutschen Fahrern, die bei der weltweit bedeutendsten Radrundfahrt am Start sind. Und er ist der erfahrenste: Zum zehnten Mal ist Marcus Burghardt bei einer Frankreich-Rundfahrt dabei. Im Jahr 2008 gewann der gebürtige Zschopauer in Saint-Étienne eine Etappe. In diesem Jahr soll der 35-Jährige wieder wichtige Helferdienste für Bora-hansgrohe-Kapitän und Weltmeister Peter Sagan verrichten. Für die OVB-Sportredaktion liefert Burghardt, wie schon im Vorjahr, täglich Beiträge und Fotos für sein persönliches Tour-Tagebuch.
Herr Burghardt, Sie stehen kurz vor Ihrer zehnten Tour-Teilnahme. Das ist schon etwas Spezielles oder?
Wenn ich jetzt zurückdenke als ich 1993 mit dem Radsport angefangen und die Tour de France nur am Fernseher verfolgt habe, dachte ich natürlich nie daran, dass ich überhaupt einmal bei der Tour starten könnte. Und jetzt ist es das zehnte Mal – das ist natürlich schon etwas Besonderes.
Was waren Ihre größten Tour-Momente?
Natürlich war der Etappensieg 2008 super, genauso wie drei Jahre später, als Cadel Evans die Tour gewonnen hat und wir über drei Wochen hinweg eine wahnsinnige Mannschaftsleistung gebracht und ihn so unterstützt haben, dass als erster Australier die Tour gewinnen konnte. Das letzte Jahr war natürlich auch überragend, als ich mit dem Trikot des deutschen Meisters beim Tour-Start in Deutschland im deutschen Team Bora–hansgrohe fahren konnte. Da konnte ich es ganz gut verschmerzen, dass ich die 13 Jahre vorher nicht deutscher Meister geworden bin.
Zehn Jahre später bei der zehnten Teilnahme der nächste Etappensieg. Ist das möglich oder Utopie?
Unmöglich ist nichts und es ist auf alle Fälle mein Ziel noch einmal eine Etappe zu gewinnen. Zehn Jahre danach bei meiner zehnten Tour-Teilnahme – das wäre natürlich ein guter Zeitpunkt.
Ihre Aufgaben, Ihr Ziel für die Tour?
Meine Aufgaben sind ganz klar definiert. Ich werde versuchen Weltmeister Peter Sagan so lange wie möglich im Finale zu unterstützen, um ihn in einer guten Position zu halten, damit er Etappen und am Ende das Grüne Trikot gewinnen kann. Natürlich werde ich auch Rafal Majka unterstützen, der unser Kapitän für das Gesamtklassement ist.
Und die Zielsetzung des Teams?
Natürlich Etappensiege und dass wir versuchen Rafal auf alle Fälle unter die ersten fünf, wenn nicht sogar aufs Podium am Ende in Paris zu bringen.
Was wird die größte Herausforderung in den drei Wochen sein?
Zum einen am dritten Tag das Mannschaftszeitfahren. Da ist es extrem wichtig, dass die Mannschaft gut zusammenarbeitet. Die Zeit, die man eventuell verliert, ist genau die Zeit, die Rafal Majka am Ende in den Bergen wieder aufholen muss. Deshalb ist das Zeitfahren so wichtig. Auf der anderen Seite wird wahrscheinlich die neunte Etappe vor dem ersten Ruhetag die Schlüsselstelle sein. Da geht es 22 Kilometer über die Pflastersteine von Roubaix.
Vor Kurzem sind Sie 35 Jahre alt geworden und sind der Älteste im Bora-hansgrohe-Team. Haben Sie eine spezielle Rolle in der Mannschaft?
(lacht) Opa sagen sie zum Glück noch nicht zu mir. Zu den jungen Hasen gehöre ich jetzt nicht mehr im Peloton, aber ich fühle mich immer noch jung und frisch, bin super motiviert und ich habe immer noch die Freude am Radsport. Ich hatte eine super Vorbereitung auf die Tour, habe viel Zeit im Höhentrainingslager verbracht und ich glaube, dass ich noch nie so gut vorbereitet war wie dieses Jahr. Ich werde auf alle Fälle wieder Road-Captain sein, das heißt, wenn etwas auf der Strecke schnell entschieden werden muss, dann kann ich das direkt machen. Da brauche ich vorher nicht mehr mit dem Sportlichen Leiter Kontakt aufnehmen. Interview Hans-Jürgen Ziegler