Die Operation „Revanche für 2018“ ist angelaufen, und vergleicht man das erste Wochenende der Serie gegen die Hannover Scorpions mit dem im letzten Jahr, sieht es doch wesentlich erfreulicher aus. 2018 begannen die Starbulls auf eigenem Eis und wurden mit einem 1:4 bereits nachhaltig geschockt. Im ersten Gastspiel in Hannover gerieten sie vorübergehend sogar unter die Räder (1:5 nach zwei Dritteln). In begeisternden elf Minuten schafften sie den Ausgleich zum 5:5 und verloren dann doch noch durch einen Gegentreffer in der 56. Minute. 0:2 in der Serie also, die Starbulls standen bereits in Partie drei mit dem Rücken zur Wand.
Heuer sieht es da schon besser aus. Um ein Haar könnten Baindl & Co. diesmal sogar 2:0 führen (immerhin lagen sie auch in Mellendorf bis zur 44. Minute mit zwei Toren vorne), doch auf eigenem Eis gelang den Scorpions doch noch der Ausgleich und in der Overtime der Sieg. Schade für Rosenheim, dass das statistisch eigentlich unmöglich sein sollte, denn alle zehn Spiele, in denen die Starbulls in dieser Saison zuvor auswärts mit zwei Toren Differenz in Führung lagen, hatten sie stets gewonnen. Aber vielleicht war ja gerade die Tatsache, dass der Anschlusstreffer der Scorpions in Unterzahl fiel, eine Art psychologischer „Genickbrecher“, geschah es doch im 55. Saisonspiel erst zum dritten Mal, dass die Rosenheimer bei eigener Überzahl ein Gegentor kassierten. Aber die Scorpions sind in dieser Disziplin ja wahre Meister: 13-mal trafen sie bereits shorthanded.
In einer anderen Konstellation, in welcher sie in der Nordrunde absolute Spitze waren, schwächeln sie derzeit (gottseidank) noch ein wenig. Über 30 Prozent Erfolgsquote hatte ihr Powerplay in den Spielen gegen Tilburg, Halle und den Rest der Konkurrenz erarbeitet. Gegen die Starbulls dauerte es bis zur siebten Überzahlphase, ehe Matt Wilkins zum ersten Mal bei Fünf gegen Vier einnetzen konnte. Bei Rosenheim verlief der Trend genau umgekehrt. In Vor- und Meisterrunde agierte man in Überzahl schwach bis erschreckend schwach (19 Prozent Erfolg, zeitweise näher an zehn Prozent), und mit Ausnahme des Auftaktspieles gegen Memmingen (6:4 mit vier Überzahltoren) schaffte man nur in sieben weiteren Spielen mehr als ein Powerplaytor. Nun im Viertelfinale aber hatten die Starbulls in Überzahl bereits viermal getroffen, ehe den Scorpions das erste Erfolgserlebnis dieser Art gelang.
Aus statistischer Sicht ein bisschen kurios: In den beiden Spielen gegen die Scorpions lagen die Starbulls in mehr als drei Viertel der Zeit (76 Prozent) in Führung und nur in vier Prozent in Rückstand; trotzdem steht die Serie nur 1:1. In den drei Achtelfinal-Begegnungen gegen Essen hatte während der Spiele weit öfter der Gegner den Vorsprung (Essen 38 Prozent, Rosenheim 30 Prozent), gewonnen haben die Partien aber ausnahmslos die Starbulls.
Sehr wichtig bei all der personellen Ausgeglichenheit des Gegners (zwölf zweistellige Torschützen in der Vorrunde) war natürlich, dass sich nicht wie gegen Essen die Baindl-Reihe als „Alleinunterhalter“ betätigen musste. Das erste Tor der Serie gelang Viteszlav Bilek, und auf eigenem Eis konnte auch Max Vollmayer sich endlich wieder einmal als Torschütze feiern lassen. Und nachdem es durch das zweite Tor der Gäste im letzten Drittel noch einmal eng zu werden drohte, machte Robin Slanina „den Witala“ und mit einem Doppelpack binnen 34 Sekunden den Sack zu, wobei der erste Treffer nur 29 Sekunden nach dem Scorpions-Tor die ideale Antwort auf dieses bot. Witala selbst hatte mit seinem Ausgleich zum 1:1 den ersten Grundstein für den Sieg gelegt, wie er dies in bisher allen drei Play-off-Spielen getan hatte, in denen der Gegner 1:0 in Führung gegangen war.
Bei den Scorpions waren es am Freitag wieder die „üblichen Verdächtigen“, die ihr Team zum Sieg schossen. Der zweifache Torschütze Patrick Schmid, zum zweiten Mal in Folge Spieler des Jahres im Norden, und Sean Fischer, trotz des Kultstatus, den sein Vater Ron in Rosenheim heute noch genießt, nicht gerade ein Liebling der Starbulls-Fans, hatten schon im Vorjahr mit fünf von 15 Treffern wesentlich zum Weiterkommen der Wedemarker beigetragen. Die restlichen beiden Tore schoss der neue Kontingentspieler Matt Wilkins, der wesentlich stärker, aber genau so nicklig agiert wie letzte Woche der Essener Nick Miglio.