Andreas Peters im Jahr 2002: Er hat das Konzept der DNL mitentwickelt.
Rosenheim – In der politischen Geschichte spricht man von einem Triumvirat. Die Ableitung von lateinischen Begriffen bezeichnet ein Bündnis von drei Personen, die gemeinsame Interessen verbinden. Als erstes Triumvirat der Geschichte werden Caesar, Pompeius und Crassus im alten Rom genannt. Exakt 2060 Jahre später hatte sich wieder so ein Bündnis gebildet, diesmal in Rosenheim – und diesmal auch aus mehr Personen. Das gemeinsame Interesse: Dem Eishockey-Nachwuchs eine Chance geben.
Ein Triumvirat blieb aber lange an der Spitze: Fast 15 Jahre wirkten Wilhelm Graue und Richard Diebald in der Vorstandschaft der Starbulls Rosenheim, rund zwölf Jahre waren es bei Karl Aicher. Unter ihrer Regie starteten die Eishockeyspieler von der Mangfall wieder zu neuen Höhenflügen, holten den Titel in der Oberliga, kamen ins Play-off-Finale der DEL2 und gewannen den DEB-Pokal. „Da gehören aber schon mehr Leute hinzu“, erwähnen die drei ehemaligen Vorstände beim Besuch der OVB-Sportredaktion immer wieder. Sie verweisen darauf, dass Heinz Pohl der Gründungsvorstand war und Andreas Peters (siehe Kasten unten) den neuen Verein an der Spitze durch die ersten schwierigen Jahre führte. Graue bezeichnete Peters gar als „spiritus rector“ des Ganzen, also die treibende Kraft. 20 Jahre nach der Gründung der Starbulls Rosenheim und fünf Jahre nach ihrem Abschied aus der Vorstandschaft sprachen Aicher, Diebald und Graue mit der OVB-Sportredaktion über ihre Amtszeit.
Wie waren denn die Anfänge?
Graue: Andreas Peters hatte die Order bekommen, etwas zu tun. Denn von einem Tag auf den anderen war Eishockey in Rosenheim tot gewesen. Es gab nichts mehr. Andreas hatte dann diverse Leute angesprochen.
Diebald: Mondi Hilger hatte Peters meinen Namen gegeben. Der hat mir dann das Konzept vorgestellt und gefragt, ob ich dabei wäre. Ich habe trotz aller Warnungen zugesagt, weil mein Herz fürs Eishockey schlägt. Aber ich habe eine Bedingung: Ich mache nur mit, wenn wir die kaufmännische und finanzielle Seite in die Hände eines Profis legen. Mein Vorschlag war Karl Aicher. Ich habe ihn angesprochen und er hat sofort zugesagt.
Was gab es denn für Warnungen?
Diebald: Eishockey in Rosenheim ist ein Politikum. Dazu war es für mich als jungen Geschäftsmann ein großes Risiko. Da muss man sehr diszipliniert sein. Man hat quasi ein Sportlerherz und ein Kaufmannsherz in sich – und darf das Sportlerherz nicht gewinnen lassen.
Mit der Einstufung in die unterste Spielklasse gab es dann gleich richtig Herzschmerz…
Graue: Wir wollten zunächst in der Oberliga oder zumindest in der Regionalliga starten. Es wurde uns aber schnell signalisiert, dass das keine Option war. Wir hatten auch null Unterstützung vom Deutschen Eishockey-Bund, der sowieso bei den Landesfürsten keine Macht hatte. Da kamst du nicht gegen an. Und dann ging auch die Landesliga nicht, weil die kleineren Vereine alle mal gegen Rosenheim spielen wollten. Dann hatten wir also diese Ochsentour vor uns.
Diebald: Im Nachhinein war das für uns als Vorstände gar nicht so schlecht. Wir waren sportlich unerfahren, haben klein angefangen und sind dann mit hineingewachsen. Bezirksliga und Landesliga waren eine gmahde Wiesn, dann sind aber schon die ersten Widerstände gekommen, als wir in der Bayernliga einmal nicht aufgestiegen sind.
Graue: Unser Ziel war eigentlich die Oberliga. Von der 2. Bundesliga oder später der DEL2 war ja keine Rede.
Trotz der Eingliederung in der Bezirksliga hat der Nachwuchs in den höchsten Ligen gespielt!
Aicher: Wir haben den Verein ja hauptsächlich wegen der Kinder gemacht. Da hätten damals von heute auf morgen 150 Kinder ihren Sport nicht mehr ausüben können. Das geht nicht!
Graue: Zudem hatte Andreas Peters damals das Konzept von der Deutschen Nachwuchs-Liga mit entwickelt. Ernst Höfner hat das dann beim DEB umgesetzt. Und wir waren da gleich mit dabei und konnten den Nachwuchs rekrutieren.
Diebald: Was dann aus dieser Generation für Spieler herausgekommen sind! Wir haben Silbermedaillen-Gewinner bei Olympia und Stanley-Cup-Sieger herausgebracht. Beim Finale bei Olympia habe ich geweint! Wenn du da deine Buam mit der Medaille siehst: die gehört uns auch ein bisschen!
Selbst gab es ja auch in Ihrer Zeit schöne Erfolge. Was steht ganz oben?
Diebald: Die Meisterschaft in der Oberliga 2010. Diese Aufstiegssaison damals! Was da in der Kabine abgegangen ist, das kann man sich nicht vorstellen. Wir hatten dort einen Schrein stehen, da hat jeder etwas hingelegt. Wir waren eine verschworene Gemeinschaft und irgendwann war klar, dass wir unbesiegbar sind!
Moment! Da waren doch ein paar Zentimeter in Spiel sieben der Viertelfinal-Serie in Bad Nauheim entscheidend!
Diebald: Das ist das Brutale im Sport: Da hast du eine Mannschaft, die will. Und dann entscheiden ein paar Zentimeter, als Matthias Bergmann den Puck vor unserer Torlinie abgewehrt hat, eigentlich über die nächsten Jahre und den erfolgreichen Weg. Da musst du dann auch das Glück haben!
Hinzu kommt der Sieg im DEB-Pokal 2011.
Graue: Das war gut für uns, weil es ein Titel war – da waren wir ja nicht so verwöhnt, weil uns in der Bezirks- und Landesliga Landsberg immer voraus war.
Diebald: Ich erinnere mich noch an ein Auswärtsspiel in Schwenningen, das wir gewonnen haben. Da gab es dann Applaus von den Rängen und die Schwenninger Vorstandschaft hat uns zu unserer Mannschaft gratuliert. Das sind die schönsten Momente!
Was waren denn die Schwierigsten?
Diebald: Das war auch das Viertelfinale 2010 gegen Nauheim. Mein größtes Problem war, dass Trainer Franz Steer nicht mehr zu halten war, wenn wir dort ausscheiden. Ich war aber zu 100 Prozent davon überzeugt, dass das genau der richtige Trainer für uns war. Der Druck war Wahnsinn!
Aicher: Für mich war die schlimmste Zeit, als die 2. Bundesliga vom DEB wegging und zur DEL2 wurde. Wenn wir damals umgefallen wären, dann wären alle gefallen! Der Landesverband hatte gedroht, dass wir für den Nachwuchs keine Spielerpässe bekommen, der Druck auf uns war immens. In diesen Zeiten habe ich teilweise maximal eine Stunde pro Nacht geschlafen. In der letzten Woche war dann alles da.
Diebald: Wir waren auch maßgeblich daran beteiligt, dass Bremerhaven damals in der Liga geblieben ist.
Aicher: Das stimmt. Die wären nach dem Abstieg vor dem Nichts gestanden. Etliche Vereine waren dagegen und wir haben geholfen. Dafür sind sie uns noch heute dankbar verbunden.
Den Ruf der soliden Rosenheimer Vereinspolitik hatten Sie verinnerlicht.
Aicher: Wir haben im Dezember schon immer gewusst, wie die Saison für uns ausgeht. Da hat es dann in der Prognose kaum Abweichungen gegeben.
Diebald: Da muss man auch Franz Steer loben: Wenn der seine Position ausgenutzt hätte, dann hätte ich viel mehr Geld ausgegeben. Er hat aber immer auf den Verein und unser Geld geschaut und uns sehr gute Spieler für wenig Geld gebracht.
Aicher: Es war schon schön, dass er in der Phase von März bis Juni, wo die Spielerverhandlungen liefen, immer so diszipliniert war.
Diebald: Nachdem ja zuletzt Bietigheim wegen der Lizenz in den Schlagzeilen war: Wenn wir damals 200000 Euro mehr gehabt hätten, wären wir wahrscheinlich zweimal DEL2-Meister geworden. Hatten wir aber nicht und es hat uns auch nicht leidgetan, dass wir die nicht in die Hand genommen hatten. Landshut hat uns ja auch im Finale besiegt und war dann ein Jahr später komplett am Hund. Da werde ich lieber Vizemeister und habe eine solide finanzielle Basis!
Wie würden Sie Ihre Zusammenarbeit beschreiben?
Graue: Die war sehr gut, da sind Freundschaften entstanden. Als Steuerberater, Geschäftsmann und Rechtsanwalt haben wir wichtige Felder abgedeckt. Und das ist in der Öffentlichkeit auch immer als ideale Konstellation wahrgenommen worden.
Aicher: Wir hatten auch immer kurze Wege. Unsere Büros (deutet auf Graue, d. Red.) waren nicht weit auseinander, Richard war für uns immer telefonisch erreichbar.
Diebald: Das war aber nicht nur untereinander so. Wir hatten auch mit der Stadt ein sehr gutes Verhältnis, das war eine ganz tolle Zusammenarbeit. Und bei der Übernahme zu Beginn war der Sportbund sehr großzügig und hat uns alles kostenlos überlassen.
Und auch das Verhältnis mit dem DEB hat sich stark verbessert!
Graue: Der hat dann auch gesehen, dass wir es mit der Nachwuchsarbeit ernst meinen. Und dann haben wir auch Länderspiele in Rosenheim austragen dürfen.
Diebald: Da war der Heinz Pohl überragend in der Organisation, der hat sich perfekt darum gekümmert. Da hat bis zum letzten Handtuch für einen Spieler alles gepasst.
Apropos Spieler: Wenn Sie bestimmen dürften, dass man das Trikot einer Legende unters Hallendach zieht. Welches wäre das?
Graue: Mondi Hilger.
Aicher: Natürlich Mondi Hilger.
Diebald: Mondi ist der Mr. Eishockey in Rosenheim, der für seinen Heimatverein in allen deutschen Klassen gespielt hat. Aber sein Trikot hängt ja schon oben.
Schauen Sie selbst noch die Starbulls an?
Aicher: Ich gehe immer so rein, dass mich nur wenige Leute sehen. Ich will mir die Spiele in Ruhe anschauen.
Diebald: Die Fans sprechen einen immer an, ob man wieder anfängt. Es ist jetzt eine andere Zeit und man muss die jetzige Führung arbeiten lassen. Als Zuschauer ist es für mich komisch, nachdem ich damals mit allen Emotionen dabei war: Irgendwie ist es, als ob du Formel 1 gefahren bist und dann fährst du einen Käfer. Aber Eishockey ist meine Leidenschaft. Und ich hoffe, dass es in Rosenheim immer eine Eishockeymannschaft gibt, die die Zuschauer fasziniert – egal, in welcher Liga.