Rosenheim/Lissabon – In diesem Landesliga-Spiel am 4. August 2007 war Thomas Tuchel Trainer von Augsburg 2 und Julian Nagelsmann sein Spieler.
„Ist das schon wieder so lange her?“, entfuhr es Sepp Heller, als er von der OVB-Sportredaktion auf den 4. August 2007 angesprochen wurde. Das sagte Sepp Heller vor rund drei Jahren, anlässlich des „Zehnjährigen“. Ein Spiel, in dem er als Stürmer des SB/DJK Rosenheim in der Fußball-Landesliga Süd eine historische Leistung ablieferte. Eine Partie, die jetzt noch eine ganz besondere Note bekommen hat, weil sich Nagelsmann und Tuchel am Dienstag in Lissabon im Champions- League-Halbfinale gegenüberstehen.
Befreiungsschlag in
kurioser Begegnung
Der 6:2-Erfolg des SBR damals bei der zweiten Mannschaft des FC Augsburg auf dem Trainingsgelände der Fuggerstädter an der Donauwörther Straße war schon damals für die Sportbündler eine besondere Angelegenheit: Der Aufsteiger feierte seinen ersten Saisonsieg, es war für den SBR der erste Landesliga-Erfolg nach einem Vierteljahrhundert Abstinenz in dieser Spielklasse. Und Heller war der Matchwinner, weil er alle sechs Treffer erzielte. „Wir hatten die ersten Spiele verloren und das Wasser ist uns schon ein bisschen bis zum Hals gestanden“, erinnert sich Walter Werner, damaliger Trainer vom SB/DJK. Dann kam der Befreiungsschlag in einer kuriosen Begegnung.
„Die haben uns
hergespielt“
Denn: Die Gäste gewannen mit 6:2, die spielstarken Augsburger aber lieferten eigentlich eine grandiose Leistung ab. „Die waren bombastisch und haben uns phasenweise nach Strich und Faden hergespielt“, sagt Heller. Christoph Börtschök, jetziger Kapitän und einzig verbliebener SBR-Spieler aus dem damaligen Kader, ergänzt: „Vom Spiel haben wir nicht viel gehabt.“
Heller: „Ich weiß noch
fast jede Situation“
Aber der Sportbund hatte ja Heller und dessen Treffsicherheit. „Ich weiß noch fast jede Situation“, sagt Heller auch noch heute. Also kennt er auch noch jedes Tor? So ziemlich: „Beim ersten habe ich ein Zuspiel von Torben Gartzen aus dem Lauf mit dem linken Fuß ins rechte Eck gedonnert, dann war ein Elfmeter dabei, in der zweiten Halbzeit mal ein Alleingang von der Mittellinie, da habe ich zwei, drei Leute ausgespielt, einmal hat mir Michael Krauss den Ball quergelegt und das sechste Tor war fast von der Torauslinie ins lange Dreieck.“
Immer zum richtigen
Zeitpunkt getroffen
„Er hat einen Sahnetag erwischt“, sagt sein ehemaliger Trainer Werner, dem vor allem das erste Tor in Erinnerung blieb. „Den hat er diagonal im Winkel versenkt. Und dann hat er permanent zur richtigen Zeit getroffen.“ Stimmt, denn nach den ersten beiden Toren – fünfte und 13. Minute – schaffte Augsburg bis zur 32. Minute den Ausgleich, ehe der Angreifer dann vom Elferpunkt zur neuerlichen Führung traf (40.). Nach dem Wechsel erhöhte er (67.) und machte dann mit zwei weiteren Toren (74. und 82.) alles klar.
Es war heiß an diesem Tag, aber nicht nur von den Temperaturen her: Augsburgs Kapitän musste nach einem Foulspiel früh raus, ein FCA-Spieler sah die Rote Karte und die Hausherren vergaben beim Stand von 2:4 noch einen Elfmeter, den Sportbund-Tormann Simon Vockensperger parierte. „Ich bin natürlich schon öfter auf dieses Spiel angesprochen worden. Ich rede dann immer davon, dass der Simon den Elfmeter gehalten hat. Wenn der drin gewesen wäre, dann hätten wir das Spiel verloren“, vermutet Heller.
Wäre das 3:4 gefallen, dann hätte einer an der Seitenlinie noch einmal richtig Dampf gemacht: Trainer beim FC Augsburg II war damals ein junger Mann namens Thomas Tuchel. „Der hat die ein oder andere Schiedsrichter-Entscheidung nicht so toll gefunden“, erinnert sich Heller über den tobenden Coach. Und Walter Werner weiß noch, „dass es in der Halbzeit in der Augsburger Kabine sehr laut war“.
Der spätere Senkrechtstarter als Bundesliga- und Champions-League-Trainer, DFB-Pokal-Sieger mit Borussia Dortmund, Double-Sieger mit Paris und aktuell CL-Halbfinalist konnte aber mit seinem Engagement die Heller-Show nicht verhindern. Auch ein anderer Durchstarter der Trainergilde war damals auf verlorenem Posten: Julian Nagelsmann war als 20-jähriger Jungspund auf dem Platz, musste aber nach 17 Minuten verletzt runter. Es war das vorletzte Spiel des aktuellen Leipzig-Trainers im höheren Amateurbereich, ehe er seine Karriere beenden musste und die Trainerlaufbahn einschlug, die ihn nun ins Chamions-League-Halbfinale brachte.
So blieb die große Bühne an diesem Tag dem Rosenheimer Stürmer mit seinem „Sixpack“ vorbehalten.
FCA-Tore durch
Stephan Hain
Und weil wir schon bei den klingenden Namen auf Augsburger Seite waren: Die beiden FCA-Tore erzielte ein Youngster namens Stephan Hain, einstiger Bundesliga-Profi und jetzt Goalgetter beim Drittligisten SpVgg Unterhaching. „Der war technisch brutal stark und mit seinen 19 Jahren unglaublich abgeklärt. Da war schon zu sehen, dass er den Weg gehen kann“, sagt Heller. Und vielleicht hat sich Hain für diesen Weg ja auch was beim Sechs-Tore-Mann auf der anderen Seite abgeschaut…