Kronberg/Aubenhausen – Jahrelang hat Jessica von Bredow-Werndl auf die Teilnahme an Olympischen Spielen hingearbeitet, jetzt ist es soweit. Auf Vorschlag des Dressurausschusses des Deutschen Olympiade-Komitees für Reiterei (DOKR) wird der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) die Mannschafts-Welt- und -Europameisterin aus Aubenhausen mit TSF Dalera BB offiziell für Tokio nominieren. „Ich bin erleichtert und überglücklich, weil sich für mich ein Kindheitstraum erfüllt. Für Rio de Janeiro 2016 habe ich es nicht geschafft. Dass es jetzt klappt, ist toll. Und ich bin sehr dankbar, dass ich mit TSF Dalera BB eine so ehrliche und ehrgeizige Partnerin an meiner Seite habe. Sie ist in einer gigantischen Verfassung“, sagte die 35-Jährige. Ihre Mannschaftskolleginnen sind Dorothee Schneider (Framersheim) mit Showtime FRH und Isabell Werth (Rheinberg) mit Bella Rose. Als Reservepaar für die Olympischen Spiele benannte das DOKR Helen Langehanenberg (Billerbeck) und Annabelle.
Für die Mannschaftsmedaillen zählen der Grand Prix am 24. und 25. Juli sowie der Grand Prix Special am 27. Juli. Die Einzelmedaillen werden im Kür-Finale am 28. Juli vergeben. Verfassungsprüfungen vor dem Grand Prix und vor der Kür sollen sicherstellen, dass die Pferde „fit to compete“ (bereit für den Wettbewerb) sind. Vor dem Abflug nach Japan vom 6. bis 14. Juli werden alle deutschen Teampferde auf dem Gelände des CHIO Aachen in die Quarantäne gehen. Benjamin Werndl mit Daily Mirror und Frederic Wandres (Hagen a.T.W.) mit Duke of Britain FRH werden sich als weitere Reservepaare ebenfalls in Aachen vorbereiten.
Bei den deutschen Meisterschaften in Balve gewann von Bredow-Werndl mit TSF Dalera BB vor drei Wochen beide Titel. Auch am letzten Wochenende bei der zweiten Olympiasichtung auf dem Schafhof in Kronberg zeigte sich das Duo aus Oberbayern in bestechender Form. Allerdings musste die Berufsreiterin mit der eleganten 14-jährigen Easy-Game-Tochter im Grand Prix einen enormen Rückstand aufholen. Gleich zu Beginn der Aufgabe erleichterte sich die Stute in der Trabtraversale und verlor dabei komplett den Takt. Das Notenniveau fiel schlagartig auf 60 Prozent. Doch von Bredow-Werndl behielt die Nerven und blieb bis zum Schluss fehlerfrei. Am Ende leuchteten 81,326 Prozent von der Anzeigetafel. Das bedeutete Platz drei hinter Werth und Schneider. Kurioserweise hatte sich das Missgeschick wiederholt, das bei der Europameisterschaft 2019 in Rotterdam schon so viele Punkte gekostet hatte. „Aber wenn‘s das wieder für die nächsten zwei Jahre war, dann hatten wir noch Glück, dass es hier passiert ist und nicht am Championat“, nahm es von Bredow-Werndl mit Humor.
Im Grand Prix Special spielten die Weltranglistendritten alle ihre Möglichkeiten aus und beendeten die Prüfung mit einem neuen persönlichen Bestergebnis von 84,766 Prozent knapp hinter Werth auf dem zweiten Platz. In der Kür-Tour, in der sich auch Werth und Schneider mit ihren Reservepferden präsentierten, freute sich von Bredow-Werndl über eindrucksvolle Vorstellungen mit ihrer leichtfüßigen 17-jährigen Son-de-Niro-Tochter Zaire-E und zwei dritte Plätze. Die Kür-Zuschauer sahen das Paar sogar vorne. Beim „Spectator Judging“ kann das Publikum während der Prüfung über eine App selbst Noten geben, aus denen eine Gesamtnote errechnet wird.
Das starke Damen-Trio, von Bredow-Werndl, Schneider und Werth, galt bereits seit den deutschen Meisterschaften quasi als gesetzt. Doch der Reserveplatz war hart umkämpft. Einer der aussichtsreichsten Bewerber war Benjamin Werndl mit dem 17-jährigen Damon-Hill-Sohn Daily Mirror. Bei der entscheidenden Sichtung platzierte sich das Duo im Grand Prix mit 76,870 Prozent an vierter Stelle und unterstrich damit seine Olympia-Ambitionen. „Selten habe ich mich so über einen vierten Platz gefreut“, postete Werndl dann auch in den sozialen Medien. Doch am zweiten Tag zerstoben die Hoffnungen. 74,617 Prozent und der siebte Platz reichten nicht ganz. „Die Freude und Dankbarkeit über dich und unsere Ritte überwiegt deutlich die kleine Enttäuschung darüber, das Rennen um Platz vier für Tokio verloren zu haben“, bedankte sich Werndl bei seinem Pferd.
Nach den Olympischen Spielen steht mit der Dressur-Europameisterschaft vom 7. bis 12. September in Hagen a.T.W. das nächste internationale Championat im Turnierkalender. Wie Langehanenberg und Wandres dürfte Werndl gute Chancen auf einen Teamplatz haben.