Ruhpolding – Zu einem Trainingscamp sind die italienischen Spitzen-Biathleten in der Ruhpoldinger Chiemgau Arena unterwegs gewesen. An der Spitze stand Ausnahme-Biathletin Dorothea Wierer, die sich in den Einheiten unter den wachsamen Augen der verantwortlichen Trainer Andreas Zingerle und Andrea Zattoni mit vier Männern messen musste. Die weltcuperfahrenen Lukas Hofer und Dominik Windisch wurden dabei von Tommaso Giacomel und Didier Bonaz begleitet.
„Ruhpolding erinnert mich sehr an Antholz, da es eine coole und anspruchsvolle Rollerbahn gibt“, sagt Wierer – und fügte hinzu, dass sie immer gerne nach Ruhpolding kommen würde. Die beiden Trainer hatten für ihre Athleten ein sehr anspruchsvolles Programm erstellt, schließlich muss im Sommer an den Grundlagen gearbeitet werden. Für die 31-Jährige ist es ein großer Ansporn, mit einem Team aus lauter Männern zu trainieren. „Ich kann mich vor allem beim Laufen permanent mit ihnen messen, sie können sich vielleicht von mir einiges am Schießstand abschauen“, meint sie lächelnd. Wierer sagt aber auch realistisch: „Wenn die Männer richtig loslegen, dann habe ich keine Chance. Trotzdem liebe ich diese Herausforderung. Ich fühle mich sehr wohl dabei.“ Eine Schrecksekunde erlebte sie bei einem Sturz im Radtraining. „Das Mountainbiken ist nicht so meine Stärke, aber es ist glimpflich ausgegangen“, meinte sie dazu.
In diesem Winter stehen für Wierer die Olympischen Spiele in Peking im Terminplan, die wohl letzten in ihrer Karriere. Eine olympische Goldmedaille fehlt der dreifachen Weltmeisterin noch. „Natürlich denkt man immer mal an die Spiele, Druck sollte man sich jetzt aber noch nicht machen. Ich werde die Wettkämpfe in Peking wie alle anderen angehen. Es soll dort sehr windig und kalt sein, ich hoffe, es wird keine Lotterie am Schießstand“, so die zweifache Gesamtweltcup-Siegerin. In der vergangenen Saison lief bei der Südtirolerin nicht alles rund, bei der WM in Pokljuka blieb sie ohne Medaille. „Nicht jede Saison verläuft perfekt. Ich war zum Saisonstart schon sehr müde und musste den ganzen Winter die Zähne zusammenbeißen. Immerhin bin ich noch Fünfte im Gesamtweltcup geworden, das kann sich schon sehen lassen.“ Ihr hatten die Zuschauer gefehlt, aufgrund der Corona-Maßnahmen liefen die Bewerbe ohne Fans ab. „Das hat mir sehr leidgetan. Ich hoffe, dass alles bald wieder normal wird.“
An ein Ende ihrer tollen Karriere will Wierer nicht denken: „Ich will mich auf diese Saison konzentrieren. Privat möchte ich natürlich eine Familie mit vielen Kindern. Aber mal schauen, wie es läuft. Genau planen kann man sowieso nicht alles, also lass ich mich überraschen“, sagt sie. Eine spezielle Meinung hat sie zum Fußball und die Aufregung um die italienischen Europameister: „Ich verfolge Fußball nicht so und werde jetzt auch kein verrückter Fan, weil es so gut läuft. Das ist eine komplett andere Welt als jene bei uns. Auch sportlich gesehen sind das Benehmen und andere Dinge sicherlich anders“, beschreibt Wierer ihre kritische Sicht.